I. Kapitel: Kenntnisse der Alten.
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nach den Zeiten der Sonnenuntergänge bestimmt hatten. Sein Stern-
katalog umfaßte die Positionen von etwa 1000 Sternen. Er ersetzte die
komplizierte Theorie der homozentrischen Sphären durch die Epizyklen-
theorie, in der zur Erklärung der ungleichförmigen Bewegung der Sonne
angenommen wurde, sie bewege sich auf einem exzentrischen Kreise um
die Erde, und die Erklärung der Stillstände und der Rückläufigkeit der
Planeten darauf zurückgeführt wurde, daß diese sich auf Kreisen bewegten,
deren Mittelpunkt sich wieder auf einem exzentrischen Kreise um die
Erde bewegt. Hipparch bestimmte die Entfernung des Mondes von
der Erde schon annähernd richtig auf 60 Erdhalbmesser, indem er sich
dazu des Winkels bediente, unter dem der Erdhalbmesser vom Monde
aus erscheint. Er führte also den Begriff der Parallaxe in die Astronomie
ein. Als Meßinstrumente bedienten sich die Astronomen jener Zeit des
Gnonoms, dessen senkrechter Stab in der Mitte einer mit Gradeinteilung
versehenen hohlen Halbkugel stand, der Armillen, Armillarsphären und der
Astrolabien. Die Armille bestand aus einem kupfernen oder bronzenen
Ring mit Gradeinteilung, der fest auf einer Säule so aufgestellt war, daß
seine Ebene in die des Ortsmeridians fiel. In diesem Ring war ein zweiter
drehbarer Ring mit zwei diametral sich gegenüberstehenden Vorsprüngen.
Dieser wurde zur Bestimmung der Sonnenhöhe so gedreht, daß der Schatten
des einen Vorsprungs auf den anderen Vorsprung fiel. Zur Messung der
Deklination und des Stundenwinkels diente die Armillarsphäre. Sie bestand
aus zwei mit Visiereinrichtung versehenen, fest miteinander verbundenen
zu einander senkrechten Kreisen, von denen der eine in der Ebene des
Meridians lag, der andere in der des Himmelsäquators. Um die Weltachse
drehbar war ein dritter Kreis angebracht und in diesem konzentrisch und
verschiebbar ein vierter. Zum Messen von Horizontalwinkeln und Höhen-
winkeln dienten die Astrolabien, die aus zwei konzentrischen in einander
verschiebbaren Ringen mit Visiereinrichtungen und Gradeinteilungen
bestanden und entweder horizontal hingelegt oder senkrecht aufgehängt
wurden. Wie groß die Genauigkeit bei den Beobachtungen Hipparchs
ging, läßt sich daraus erkennen, daß er die Dauer eines Jahres, für die vor
ihm der sich aus dem Mondzyklus des Meton von 19 Jahren = 125 vollen
und 110 leeren Mondmonaten, Wert von 365,263 Tagen galt, zu 365 Tagen
5 Stunden 55 Minuten bestimmte, was nur um 6 Minuten von dem wahren
Wert abweicht. Was Hipparch erfolgreich begonnen, brachte Klaudios
Ptolemäos zur Vollendung. Wie er die von jenem angefangene Sehnen-
berechnung in seiner Sehnentafel vollständig beendigte, so ergänzte er die
Lücken in der Epizykelntheorie hinsichtlich der schwer zu erklärenden
dritten Abweichung in der Bewegung des Mondes, der sog. Variation, und
derjenigen Planeten, deren Bewegung auf Epizykeln zurückzuführen dem
Hipparch noch nicht gelungen war. So schuf er in seinem Almagest das