Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

24 
I. Abschnitt: Altertum und Mittelalter. 
nach ihm benannte Weltsystem, das anderthalb Jahrtausende die Vor- 
stellungen der abendländischen Welt beherrscht hat und wirklich vom 
geozentrischen Standpunkt aus eine befriedigende Erklärung der Be- 
wegungserscheinungen liefert, so verwickelt allerdings diese Erklärung 
auch war. Unter den Hilfsmitteln, die Ptolemäos bei seinen astronomi- 
schen Beobachtungen anwandte, sei noch das parallaktische Lineal er- 
wähnt, das aus einem drehbaren mit Dioptern zum Anvisieren versehenen 
Lineal bestand, in dessen Rinne wieder ein Lineal verschiebbar war, das 
eine Längeneinteilung hatte; das letztere diente zum Ablesen der Sehnen- 
länge, die dem Winkel entsprach, den das Diopterlineal mit einem festen, 
senkrecht. oder wagerecht aufstellbaren festen Stabe bildete, so daß man 
den zugehörigen Winkel aus der Sehnentafel ablesen konnte. 
Mit der Entwicklung der Astronomie ging die der Erdkunde Hand in 
Hand; dieselben Männer, die sich um jene verdient gemacht haben, sind 
auch eifrige Förderer der Erdkunde. Während Thales sich die Erde noch 
als eine runde, rings vom Okeanos umflossene Scheibe vorstellte, rang sich 
bei den Pythagoreern schon die Überzeugung durch, daß sie eine Kugel 
sei. Einige unserer Beweise für ihre Kugelgestalt finden wir ja schon bei 
Aristoteles. Eratosthenes verfaßte das erste wissenschaftliche Werk über 
Geographie, das leider nur durch Bruchstücke, die wir bei Strabo finden, 
uns erhalten geblieben ist. Jedenfalls finden wir schon die Dreiteilung der 
Erdkunde in physikalische, mathematische und politische Geographie. 
Während er sich nur auf die Angabe der Polhöhe, also der geographischen 
Breite eines Ortes beschränkte, führte Hipparch die nach geographischer 
Länge und Breite ein, wobei er den Meridian von Rhodos als Nullmeridian 
wählte. Er ist auch der Erfinder der stereographischen und orthographi- 
schen Kartenprojektion, von denen er die erstere für Abbildungen des 
Himmelsgewölbes, die letztere für die Abbildung der Erdoberfläche ver- 
wendete. Dagegen verwandte Ptolemäos für seine kartographischen Dar- 
stellungen der Erdoberfläche die stereographische Projektionsart und gibt 
auch eine Anleitung zur Herstellung solcher Karten. Seine „Geographie“ 
ist bis zum Ausgang des Mittelalters das grundlegende Lehrbuch dieser 
Wissenschaft geblieben, in dem für die Bestimmung der geographischen 
Länge der Nullmeridian durch die Kanarischen Inseln gelegt ist, die im 
äußersten Westen der damals bekannten Welt gelegenen „glücklichen 
Inseln“ des klassischen Altertums. Mehr als 5000 Orte hat Ptolemäos in 
ihm nach Länge und Breite festgelegt, die letztere mit einer Genauigkeit, 
daß sie für manche Punkte heute noch fast unverändert gültig ist. 
Hinsichtlich der physischen Geographie und der Länderkunde hatte 
Ptolemäos in Strabo (um 30 v. Chr.) einen bedeutenden Vorgänger, der 
über den Einfluß der vulkanischen Kräfte auf die Gestaltung der Erd- 
oberfläche, die Wirkung des Wassers, die Veränderung hinsichtlich seiner
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.