Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

30 
J. Abschnitt: Altertum und Mittelalter. 
Hinsichtlich des Magnetismus kannte man die Anziehung, die ein natür- 
licher Magnetstein auf Eisen ausübt, auch bedienten sich die alten See- 
fahrer eines hohlen schwimmenden Fisches aus Eisen oder eines auf einem 
Holzgestell frei schwimmenden Magneten, um in sternlosen Nächten die 
‚Nordrichtung zu bestimmen. 
Wie der Physiker so verehrt auch der Zoologe in Aristoteles den eigent- 
lichen Begründer seiner Wissenschaft, der die bis dahin noch unzusammen- 
hängenden zoologischen Einzelkenntnisse zu einem systematisch geglieder- 
ten Ganzen zusammenfaßte.!!) Er beginnt seine Tierkunde, die ohne Zweifel 
das bedeutendste zoologische Buch des Altertums ist und nicht nur die 
Bewunderung Cuviers sondern auch die seiner neuesten Herausgeber und 
Übersetzer erregt hat, mit einer Beschreibung des menschlichen Körpers. 
Freilich sind die anatomischen Kenntnisse des Aristoteles noch sehr mangel- 
naft, allein, da religiöse Vorschriften die Zerlegung von Menschenleichen 
verboten, so ist es kein Wunder, wenn seine Anschauungen von den heu- 
tigen als richtig erkannten sehr abweichen. Wenn er auch erkannte, daß 
das Blut vom Herzen aus in den Körper sich verbreitet und daß es der 
Träger der Körperwärme ist, so hat er doch noch keine Vorstellung vom 
Blutkreislauf und der Aufgabe der Atmung. Über Muskeln, Nerven und 
Sehnen hat er nur noch unklare Vorstellungen. Die Sehnen bewegen nach 
ihm die Gliedmaßen, während das Muskelfleich nur das Organ der Emp- 
findung sein soll. 
Für die Entstehung der Tiere nimmt Aristoteles die Möglichkeit der 
Urzeugung an, nicht nur die niederen, ‚selbst höhere Tiere läßt er durch 
Urzeugung entstehen, und wie verkehrt hierüber noch manchmal seine 
Ansichten sind, zeigt das Beispiel der Aale, die Aristoteles aus den Regen- 
würmern hervorgehen läßt, während diese selbst sich aus dem Schlamme 
durch Urzeugung bilden. Gleichwohl ist seine Einteilung der gesamten 
Tierwelt in Bluttiere und blutlose Tiere der erste so wohlgelungene Versuch 
eines wissenschaftlichen Systems, daß sie bis Cuvier keine wesentlichen 
Verbesserungen erfahren hat. Die Bluttiere teilt Aristoteles wieder in 
5 Gruppen ein: lebendig gebärende Vierfüßler, Vögel, eierlegende Vier- 
füßler, wohin er auch die Schlangen rechnet, obwohl sie keine Gliedmaßen 
haben, Waltiere und Fische. Die blutlosen Tiere werden ebenfalls in 
5 Gruppen eingegliedert: die Kopffüßer, die Aristoteles als die höchst- 
entwickelten unter ihnen ansieht, die Weichschaligen, d.h. die Krebse, 
die Kerbtiere, zu denen er außer den Spinnen, Insekten und Tausend- 
füßern auch die Gliederwürmer rechnet, die Schaltiere, d. s. die Schnecken 
und Muscheln, und zur letzten Gruppe gehören die Seewalzen, Seesterne 
und Schwämme. Letztere nehmen eine Zwischenstellung zwischen dem Tier- 
und Pflanzenreich ein, wie Aristoteles überhaupt die Lehre aufstellt, daß 
der Übergang zwischen Pflanze und Tier, zwischen niederen und höheren
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.