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J. Abschnitt: Altertum und Mittelalter.
Hinsichtlich des Magnetismus kannte man die Anziehung, die ein natür-
licher Magnetstein auf Eisen ausübt, auch bedienten sich die alten See-
fahrer eines hohlen schwimmenden Fisches aus Eisen oder eines auf einem
Holzgestell frei schwimmenden Magneten, um in sternlosen Nächten die
‚Nordrichtung zu bestimmen.
Wie der Physiker so verehrt auch der Zoologe in Aristoteles den eigent-
lichen Begründer seiner Wissenschaft, der die bis dahin noch unzusammen-
hängenden zoologischen Einzelkenntnisse zu einem systematisch geglieder-
ten Ganzen zusammenfaßte.!!) Er beginnt seine Tierkunde, die ohne Zweifel
das bedeutendste zoologische Buch des Altertums ist und nicht nur die
Bewunderung Cuviers sondern auch die seiner neuesten Herausgeber und
Übersetzer erregt hat, mit einer Beschreibung des menschlichen Körpers.
Freilich sind die anatomischen Kenntnisse des Aristoteles noch sehr mangel-
naft, allein, da religiöse Vorschriften die Zerlegung von Menschenleichen
verboten, so ist es kein Wunder, wenn seine Anschauungen von den heu-
tigen als richtig erkannten sehr abweichen. Wenn er auch erkannte, daß
das Blut vom Herzen aus in den Körper sich verbreitet und daß es der
Träger der Körperwärme ist, so hat er doch noch keine Vorstellung vom
Blutkreislauf und der Aufgabe der Atmung. Über Muskeln, Nerven und
Sehnen hat er nur noch unklare Vorstellungen. Die Sehnen bewegen nach
ihm die Gliedmaßen, während das Muskelfleich nur das Organ der Emp-
findung sein soll.
Für die Entstehung der Tiere nimmt Aristoteles die Möglichkeit der
Urzeugung an, nicht nur die niederen, ‚selbst höhere Tiere läßt er durch
Urzeugung entstehen, und wie verkehrt hierüber noch manchmal seine
Ansichten sind, zeigt das Beispiel der Aale, die Aristoteles aus den Regen-
würmern hervorgehen läßt, während diese selbst sich aus dem Schlamme
durch Urzeugung bilden. Gleichwohl ist seine Einteilung der gesamten
Tierwelt in Bluttiere und blutlose Tiere der erste so wohlgelungene Versuch
eines wissenschaftlichen Systems, daß sie bis Cuvier keine wesentlichen
Verbesserungen erfahren hat. Die Bluttiere teilt Aristoteles wieder in
5 Gruppen ein: lebendig gebärende Vierfüßler, Vögel, eierlegende Vier-
füßler, wohin er auch die Schlangen rechnet, obwohl sie keine Gliedmaßen
haben, Waltiere und Fische. Die blutlosen Tiere werden ebenfalls in
5 Gruppen eingegliedert: die Kopffüßer, die Aristoteles als die höchst-
entwickelten unter ihnen ansieht, die Weichschaligen, d.h. die Krebse,
die Kerbtiere, zu denen er außer den Spinnen, Insekten und Tausend-
füßern auch die Gliederwürmer rechnet, die Schaltiere, d. s. die Schnecken
und Muscheln, und zur letzten Gruppe gehören die Seewalzen, Seesterne
und Schwämme. Letztere nehmen eine Zwischenstellung zwischen dem Tier-
und Pflanzenreich ein, wie Aristoteles überhaupt die Lehre aufstellt, daß
der Übergang zwischen Pflanze und Tier, zwischen niederen und höheren