Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

Jl. Kapitel: Kenntnisse der Alten, 
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Tierformen ununterbrochen ist. Zur Aufstellung von Ordnungen, Unter- 
ordnungen und Familien, Gattungen ist Aristoteles noch nicht gelangt. 
Im ganzen finden sich in seiner Tierkunde etwa 500 Tierformen beschrieben 
und in das oben angegebene System eingeordnet. 
Auch den Pflanzen hatte Aristoteles ein besonderes Werk „Die Theorie 
der Pflanzen‘ gewidmet, das jedoch verloren gegangen ist. Was der große 
Philosoph sonst in seinen Werken über die Pflanzen mitteilt, zeigt, daß 
er wohl den botanischen Dingen seine Beachtung zugewandt, doch hierüber 
noch kein System aufgestellt hat. Als der Vater der Botanik, der für diese 
dieselbe Bedeutung hat wie Aristoteles für die Zoologie, ist dessen Schüler und 
Nachfolger Theophrast anzusehen, dessen „Naturgeschichte der Gewächse‘‘ 
das älteste wissenschaftliche Werk über die Botanik genannt werden darf. 
Er teilt die Pflanzen ein in Bäume, Sträucher, Stauden und Kräuter, doch 
befolgt er in der Unterteilung dieser vier Gruppen ein ziemlich willkürliches 
Prinzip. Er gibt eine ziemlich sorgfältige Morphologie der Pflanzenorgane, 
unterscheidet Rinde, Holz und Mark als die Teile des Stammes, die 
ihrerseits wieder aus Fasern, Adern, Fleisch und Saft bestehen. Wurzeln 
und Blätter sind nach ihm die Ernährungsorgane der Pflanzen, über deren 
Entwicklung sich auch schon einige treffende Bemerkungen finden. Ob- 
wohl er die Pflanzen für lebende Wesen hält, hat er von ihrer Sexualität 
keine klare Vorstellung. Dabei erwähnt er, daß man das Ansetzen von 
Früchten bei der Dattelpalme dadurch fördern könne, daß man die staub- 
tragenden Blütenzweige über die fruchttragenden ausschüttelt. Die von 
Theophrast beschriebene Pflanzenwelt umfaßt nicht nur die Flora des Mit- 
telmeerbeckens, sondern auch die Pflanzen Persiens und Indiens. Daher 
finden wir auch bei ihm die ersten Spuren der Pflanzengeographie sowie die 
ersten Gesetze hinsichtlich der Verbreitung der Pflanzen: die Abhängigkeit 
der Flora von der Erhebung über den Erdboden sowie von der geographi- 
schen Lage auf der Erdkugel. Sogar biologische Tatsachen erwähnt er, die 
Lebenserscheinungen wie die Krankheiten der Pflanzen. 
Auch die Mineralogie fand durch Theophrast eine Bearbeitung in seinem 
Buche „Über die Steine‘. Wie er aber in seiner Botanik den praktischen 
Nutzen stark in den Vordergrund stellt, die Verwendung der Holzarten, 
die Gewinnung von Holzkohle, Pech, Harz und Öl, sowie die Verwendung 
in der Medizin ausführlich beschreibt, so beschäftigt er sich bei der Be- 
sprechung der Mineralien ausführlich mit der hüttenmännischen Gewin- 
nung und Verarbeitung der Erze sowie mit dem medizinischen Nutzen 
vieler Mineralien. Eine Mineralogie in unserem Sinne des Wortes gab es 
im Altertum ebensowenig wie eine Chemie; was man an mineralogischen 
und chemischen Kenntnissen besaß, finden wir zuerst in Vitruvs Bau- 
kunst, in den 37 Büchern der „Naturgeschichte‘‘ des Plinius, in der Arznei- 
mittellehre des Dioskorides (um 75 n. Chr.) und ähnlichen uns erhaltenen
	        
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