Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

Il. Kapitel: Unterricht im Altertum. 
letzte, allgemein als sehr schwierig geltende Lehrziel des Rechenunter- 
richts. 
Einige ergänzende Bemerkungen über das Schulwesen im Altertum 
mögen hier folgen. Jedem Griechen wie jedem Römer stand es frei, ob er 
seine Kinder unterrichten lassen wollte oder nicht. Ebenso stand das 
Unterrichtgeben jedem frei, und der Unterricht des Elementarlehrers 
wurde als ein Gewerbe angesehen; daher stand sein Beruf auch in geringer 
Achtung. Der Staat kümmerte sich weder um die theoretische noch um 
die praktische Vorbildung der Lehrer, ebensowenig um ihre Besoldung. 
Seine Aufsicht über die Schulen bezog sich nur auf die Befolgung polizei- 
licher Vorschriften: daß die Schulen nicht vor Sonnenaufgang eröffnet, 
nicht nach Sonnenuntergang geschlossen wurden, daß die Schülerzahl 
das Maximum nicht überschritte, und andere. Plato jedoch forderte schon 
staatliche Beaufsichtigung des Unterrichts, staatliche Fürsorge für Schulen 
und Lehrer, sowie allgemeinen Schulzwang. Während dieser letzte Ge- 
danke im Altertum nirgends wirklich zur Durchführung gelangt ist, treffen 
wir im 2. und 1. Jahrhundert V. Chr. doch schon auf Beispiele staatlicher 
Fürsorge. Es wurden Schulbehörden eingesetzt, Schulordnungen erlassen, 
und um den Unbemittelten durch Befreiung vom Schulgeld auch den 
Zutritt zu den Schulen zu ermöglichen, wurde die Besoldung von Lehrern 
aus Gemeindemitteln eingeführt, so in Rhodus, Thurii, Teos. Wo die 
Mittel einer Gemeinde dazu nicht reichten, halfen Stiftungen reicher 
Bürger dem Mangel ab, oder es wurde ein reicher Fürst um eine Spende 
angegangen, deren Zinsen zur Besoldung von Lehrern verwendet werden 
sollten. Ja wir wissen sogar das Gehalt, das z. B. die von der Stadt Teos 
beschäftigten Lehrer, die auf Grund jährlicher Volkswahl angestellt wurden, 
bezogen!’): Die drei Lehrer, die den Unterricht in den yoduuara gaben, er- 
hielten 600, 550, 500 Drachmen, die beiden Pädotriben (Turnlehrer) je 
500 Drachmen, der Musiklehrer 700 Drachmen. (1 Drachme = 0,72 M.) 
Inhalt und Ziel des Unterrichts war natürlich durch das den Alten 
vorschwebende Bildungsideal bedingt. Diesem klassischen Bildungsideal 
der Hellenen gemäß sollten in dem Knaben alle die ethischen, geistigen 
und. körperlichen Eigenschaften ausgebildet werden, die ihn befähigten, 
ein guter Staatsbürger zu werden. Suchte man anfangs musikalischen und 
gymnastischen Unterricht miteinander im Gleichgewicht zu halten, So 
setzte man nach dem peloponnesischen Kriege und mehr noch in der helleni- 
stisch-römischen Periode die ethische Bildung der Verstandesbildung 
nach, schätzte die Unterrichtsmittel mehr nach dem formal bildenden 
Wert, und unter der Herrschaft dieses Gedankens wurden Rechnen und 
Geometrie zu wichtigen Lehrfächern bei den Griechen, während die Römer, 
nur durch den Nützlichkeitsstandpunkt geleitet, sich nur den Rechen- 
unterricht angelegen sein ließen. Als Mittel zur Erzielung der Mannes- 
39
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.