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IV. Kapitel: Unterricht im Mittelalter.
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Klosterschule fehlen. An demselben Apparat wurden auch die Begriffe
Intervall, Konsonanz, Dissonanz, Tonleiter erläutert. Die Grundlage
dieses mittelalterlichen akustischen Unterrichts bildeten die fünf Bücher
des Boethius über Musik, von denen das dritte lediglich dem Monochord
gewidmet ist. Gegenüber diesen akustischen Kenntnissen sind die Bruch-
stücke physikalischen Wissens, die in der Kosmographie gelehrt wurden,
von sehr zweifelhaftem Wert. Es wurden die zwischen Erde und Himmel
liegenden Regionen des Wassers, der Luft, des Feuers und des Empyreums
besprochen, die Winde nach ihren Himmelsrichtungen unterschieden, die
Windrose gezeichnet und für die meteorologischen Erscheinungen der
Wolken, des Regens und des Hagels, von Donner und Blitz Erklärungen
aufgestellt, die meist dem Aristoteles entnommen waren und keine Ein-
sicht in die eigentliche Natur dieser Vorgänge zeigen. Der Regenbögen
wurde als vierfarbig bezeichnet; die Erde dachte man sich wie einen
Schwamm von Poren durchzogen, durch die die Weltmeere in Verbindung
stehen. Abgesehen von dem hier Mitgeteilten wurde in den Klosterschulen
nichts Physikalisches vorgetragen.
War es somit um die Physik in den klösterlichen Bildungsanstalten
schlecht bestellt, so stand es mit den beschreibenden Naturwissenschaften
noch schlechter. Wohl wurde der Klosterschüler in dem Krautgärtlein,
dessen sich jedes Kloster rühmen konnte, mit den wichtigsten Heilkräutern,
auch sonst in den Klostergärten mit allerhand Obstbäumen, Nutz- und
Zierpflanzen bekannt; wohl mag ihm auch wohl hier und da, wo des
Hrabanus Maurus „De universo‘‘ als Lehrbuch zugrunde gelegt wurde,
etwas über den Bau des menschlichen Körpers, über die Einteilung des
Pflanzen- und Tierreichs mitgeteilt worden sein, allein wir besitzen keine
Nachrichten, daß tatsächlich die beschreibenden Naturwissenschaften in
dem Unterricht der Klosterschulen irgendwie berührt worden sind.
Bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts blieben die Klosterschulen und
Domschulen die einzigen höheren Bildungsanstalten des christlichen
Abendlandes, Schon zur Zeit Ludwigs des Frommen hatten sich in den
Klosterschulen jedoch zwei Abteilungen ausgebildet, die schola interior
seu claustralis pro monachis, in der diejenigen unterrichtet wurden, die im
Kloster bleiben und Mönch werden wollten, und die schola exterior seu
canonica pro secularibus, in der diejenigen ausgebildet wurden, die nicht
im Kloster bleiben, sondern weltliche Ämter des Staatsdienstes und Kirchen-
dienstes bekleiden wollten. In diese letztere Abteilung konnten die Söhne
von Adligen, von Freien und auch die von Hörigen aufgenommen werden.
Im Laufe der Jahrhunderte wurde mit dem Wachstum der weltlichen Macht
der Zudrang zu der schola exterior berühmter Klosterschulen immer
stärker, es wurden auch Jurisprudenz und Medizin in die Studien hinein-
gezogen; die Baulichkeiten des Klosters reichten zum Unterricht nicht
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