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Allgemeiner Teil.
der verfeinerten Methoden entsprechenden Resultate des Sauerstoffwertes
in bezug auf Wasserstoff = 1. Man berücksichtige, daß auch heutzutage,
wo der „zuverlässigste‘“ Wert, die von Morley ermittelte Zahl 15,887
(H = 1) vorliegt, trotzdem die weitaus größere Zahl der Chemiker und
Techniker unbeschadet aller Genauigkeit wieder die Berzeliusschen Werte
0 = 16 und H = 1 setzt. Warum soll die Schule bei ihren äußerst be-
schränkten Mitteln und Zeitverhältnissen peinlicher sein? Werden bei
Wägungen auf der Klassenwage die Milligramme vernachlässigt, so ist
natürlich der Fehler größer, als bei Benützung der feinen Analysenwage.
Den „anerkannt richtigen‘ Wert wird man darum beim Einzelversuch
nur ganz zufällig einmal erhalten; zu einem wahrscheinlich richti-
gen dagegen wird man jederzeit gelangen können: nach den Methoden
der Forscher bestimmt man den Durchschnittswert einer kleinen Ver-
suchsreihe, wobei man alle diejenigen Versuche, Wägungen und Messungen
ausscheidet, bei welchen die Fehlermöglichkeit zu groß ist. Bei Schüler-
arbeiten in gleicher Front erhält man ja stets eine Anzahl Resultate, die
man miteinander vergleichen und auswerten kann. Sammelt man die-
selben Jahr für Jahr, so hat man schließlich lange Reihen, deren Durch-
schnittswert kaum hinter der als „richtig‘“ anerkannten Zahl zurückbleibt.
Meistens aber ist sogar schon die einzelne Wägung hinreichend genau.
Wägende Versuche führt man nur mit ganz reinen Materialien
aus, die sich in kurzer Zeit vollständig umsetzen. Dagegen bedeutet es
für den Unterricht meistens verlorene Zeit, wenn man etwa das Trocknen
eines Niederschlages, das Glühen irgendeiner Substanz „bis zu konstantem
Gewicht‘ durchführt. In solchem Fall ist es zweckmäßiger, nur die An-
fangs- und Schlußwägung in Gegenwart der Schüler vorzunehmen, den
Versuch selber aber außerhalb der Unterrichtsstunde, etwa im fakultativen
Praktikum unter Beihilfe eines Schülers durchzuführen. Man wird also
lieber auf ein Stück Anschaulichkeit verzichten, als daß man das Inter-
esse der Schüler erlahmen läßt.
Ein wägender Versuch muß in wenigen Minuten erledigt
sein. Sonst wird die Benützung der Wage tatsächlich zu einer Störung
des Unterrichts. Bei einer wohlvorbereiteten Wägung dauert das Arbeiten
mit der Wage selber kaum mehr wie eine Minute. Die Tara ist schon vor
der Stunde ermittelt; das zu erzielende Resultat ist zwar dem Schüler
noch unbekannt, dem Lehrer dagegen auf dem Wege der Rechnung leicht
zugänglich; also kann beim Bestimmen des Schlußresultates nahezu die
richtige Belastung auf die Wage gelegt werden.
Das Tarieren wird man, mit Rücksicht auf die Zeit, nur so lange
durch Auswägen mit Gewichtsstückchen besorgen, als es wirklich not-
wendig ist. Will man z. B. Kupferoxyd quantitativ im Glasrohr reduzieren
und beabsichtigt man, auch das auftretende Wasser zu bestimmen — die