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Allgemeiner Teil.
Gramm 22400 ccm Dampf wiegen würden; die erhaltene Zahl ist das
Molekulargewicht in Gramm ausgedrückt.
Eine neue Gruppe: volumetrischer Arbeiten sind diejenigen, welche
man mit dem Namen Titrieren oder Maßanalyse zusammenfaßt. Von
allen analytischen Arbeitsmethoden paßt die Maßanalyse noch am meisten
in den modernen Unterricht hinein. Unverändert übernommen hat man
die sämtlichen Meßgeräte: Bürette, Pipette, Meßkolben. Dagegen be-
schränkt man das ganze, sich immer weiter ausdehnende Gebiet auf einen
kleinen Teil der Acidimetrie und Alkalimetrie.
Als Einleitung in das Titrieren läßt man eine einfache quantita-
tive Neutralisation der gewöhnlichen Salzsäure des Arbeitsplatzes mit
der gewöhnlichen Natronlauge ausführen. Als Indikator dient dabei Lakmus.
Die Säure wird mit der Pipette oder dem Automaten abgemessen (5 ccm);
dazu wird aus dem Meßzylinder tropfenweise Lauge bis zur Neutralisation
zugesetzt. Die Flüssigkeit wird eingedampft, bis sie unregelmäßig zu
zieden beginnt. Der Kristallbrei, welcher sich jetzt abscheidet, erweist
sich nach dem Trocknen auf Filtrierpapier nach Geschmack und Aus-
sehen als reines Kochsalz. Die Schüler pflegen dieses Resultat immer mit
großem Interesse festzustellen. Der Versuch wird dann unter Verwendung
eines genaueren Meßwerkzeuges, der Bürette, wiederholt, wobei die Schüler
Gelegenheit haben, sich von der großen Schärfe der Reaktion zu über-
zeugen. Man läßt voraus berechnen, wieviel Kubikzentimeter für eine
beliebige Anzahl ccm der Säure erforderlich sind und findet die Zahl nachher
durch den Versuch bestätigt. Ebenso wird dann umgekehrt eine gemessene
Menge Lauge durch die zuvor berechnete Menge Säure neutralisiert. Diese
einfache Versuchsreihe ist von großem praktischen Wert, indem sie den
ainfachsten und anschaulichsten Beweis für die Richtigkeit der stöchio-
netrischen Gesetze abgibt.
Als Ausgangspunkt der eigentlichen Alkalimetrie und Acidimetrie
dient die Herstellung von Normallösungen. Was hierbei als Urmaß
Verwendung findet, ob Kleesäure oder Salzsäure, ob kohlensaurer Kalk
oder Natrium oder Eisen, ist für die darauffolgende Untersuchung gleich-
gültig: wenn nur die Normallösung sich in guter Ordnung befindet. Ein
methodischer Unterricht — wesentlich derjenige des fakultativen Prakti-
kums — wird aber Wert darauf legen, daß sich die Schüler selbst dieses
Urmaß herstellen. Und da kommt außer Salzsäure kaum eine andere Sub-
stanz in Betracht. Ein Becherglas wird genau abtariert und mit einer auf
Zentigramme genau abgewogenen Menge Wasser (etwa 300 ccm) beschickt.
Man leitet trockenes Salzsäuregas darauf, bis die Flüssigkeit um 20—30 g
schwerer geworden ist. Wird jetzt wieder gewogen, so kann man feststellen,
wieviel Gramm Chlorwasserstoff in 1 ccm Flüssigkeit gelöst sind. Jetzt
wird die Salzsäure so verdünnt, daß ihr Gehalt auf 36,45 g Salzsäuregas