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Allgemeiner Teil.
aber, soweit irgend möglich, Ergänzungen und Abänderungen bieten,
ebenso Erweiterungen und Nutzanwendungen. Damit findet der Schüler
bei jeder Übung wieder den Reiz des Neuen. Im allgemeinen kann emp-
fohlen werden, Wiederholungen nur dann auszuführen, wenn es sich um
grundlegende Messungen handelt oder bei gewissen auffälligen Erscheinun-
gen, die in dem Schüler selber das Bedürfnis nach erneuter Anschauung
besonders lebhaft hervorrufen 58).
Gefährliche oder gefährdende Versuche dürfen nie als Schülerübungen
behandelt werden. Hierher gehören alle Versuche mit giftigen Stoffen
(Cyanverbindungen, Chlor, Arsenverbindungen, gelber Phosphor, Phos-
phorwasserstoff, viel Stickstoffdioxyd oder Fluorwasserstoff), explosiven
Gemengen (Chlorate, Pikrate, Schießpulver, Nitrozellulose, Nitroglycerin,
Wasserstoff und Acetylen aus Gasometern, beträchtliche Mengen von
Knallgas irgendwelcher Art), feuergefährlichen Substanzen (Äther, Schwefel-
kohlenstoff). Verhängnisvoll für Schüler und Schule könnte es auch werden,
wenn der Schüler mit größeren Mengen von Quecksilber hantiert oder
wenn er unhandliche Gefäße mit Lauge oder starken Säuren herumträgt.
Solche Arbeiten hat der Lehrer selbst zu verrichten. Bei der Ausführung aller
Versuche, welche bei Ungeschicklichkeit zu Unglücksfällen führen können,
sind die Schüler jeweils auf die Gefahren eindringlichst aufmerksam zu
machen. Gegen Zufälle kann sich auch der Chemielehrer nicht grund-
sätzlich schützen. Wohl aber kann er für möglicherweise eintreffendes Un-
glück Vorsorge treffen. Beim Arbeiten mit Chlor sei stets eine Flasche
mit Ammoniak und mit Weingeist in der Nähe, vor den Gefahren des
gelben Phosphors schützt man sich durch Bereitstellen von Schalen mit
Wasser; notwendig werdende Explosionen im geschlossenen oder engen
Gefäß vollziehen sich gefahrlos hinter der Schutzscheibe; gegen Verletzungen
aller Art hält man Verbandzeug, Jodoform und Sublimatpastillen bereit.
Diese und ähnliche Vorschriften dürfen namentlich im verbindlichen
praktischen Unterricht niemals unterbleiben. Mit Recht kann der verletzte
Schüler oder seine Angehörigen Ansprüche auf Schadenersatz an die Schule
oder den unterrichtenden Lehrer erheben, welcher den Schüler gezwungen
hatte, sich der Gefahr auszusetzen. Solche Vorschriften gelten namentlich
auch, wenn einzelne Schüler während einer sonst dienstfreien Zeit zur
Unterstützung des Lehrers beim Vorbereiten, Wegräumen oder Reinigen
herangezogen werden. Bei einem sich hierbei abspielenden Unglücksfall
wäre die Verantwortung des Lehrers noch größer als sonst, selbst wenn die
Schüler vollkommen ungezwungen die genannten Verrichtungen vollzogen
hätten.
Zu Versuchen, welche der Lehrer nicht allein ausführen kann, ziehe er
rechtzeitig einen Schüler als helfenden Assistenten bei. Er kann diesem
früh genug und in der nötigen Ausführlichkeit alle Weisungen geben und