Full text: Methodik des chemischen Unterrichts (4. Band)

Die äußeren Hilfsmittel des Unterrichts. 
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teilchen gegenüber, ohne welche der einzelne Fachlehrer nur schwer, zwei 
nebeneinander arbeitende Lehrer aber überhaupt nicht auskommen können. 
Dazu tritt die für jeden brauchbaren Lehrer geltende Anforderung: päda- 
gogisches Geschick und Liebe zum Unterricht. Lassen sich Wissen und 
Können durch Studium und Üben erlernen, läßt sich angewandte Er- 
ziehungskunde allmählich in der Praxis erwerben, so sind die übrigen, 
mehr vom Charakter des Lehrers bestimmten Momente, wie Ordnungssinn 
und Pünktlichkeit nur durch strenge Selbsterziehung und Gewöhnung zu 
verfestigen. Ein fortgesetzt gutes Vorbereiten und Ausarbeiten des Unter- 
richtsstoffes wirkt darum veredelnd auf den Charakter des Lehrers, wie 
es auch in der Erziehung der Schüler ein äußerst wirksames ethisches 
Moment abgibt. 
Mangelhafte Vorbildung bzw. fehlende Kenntnisse des Lehrers zeitigen 
Mißstände, unter welchen Schule und Schüler zu leiden haben: der Unter- 
richt wird nur zu schnell zur Spielerei, Apparate und Schüler sind in be- 
ständiger Gefahr. Gutes Vorbereiten auf die Unterrichtsstunde, verbunden 
mit eifrigem Privatstudium, liefert erst in mehrjähriger Arbeit die nötige 
Sicherheit, welche der Lehrer dem beobachtenden Schüler gegenüber be- 
sitzen muß. Erschwerend kommt dazu, daß der chemische Unterricht 
fast nur in den Oberklassen erteilt wird, wodurch das Erwerben von Lehr- 
äbung in den Unter- und Mittelklassen für unser Spezialgebiet in Weg- 
fall kommt. Erschwerend ist ferner die Eigenart der chemischen Apparate. 
Der Physiker kann seine Geräte dem Sammlungsschrank entnehmen, stellt 
mit Hilfe des Sammlungskatalogs die individuellen Eigenschaften des Appa- 
rates fest und übt einige Stunden vor dem Unterricht dessen Benützung im 
Vorbereitungszimmer ein; mit großer Sicherheit kann er so erwarten, daß 
wenigstens der experimentelle Teil der Stunde gut verlaufen wird, selbst 
wenn er didaktische Fehler begehen sollte. Der Chemiker aber muß die 
weitaus größere Mehrzahl seiner Apparate erst aus Glas und Kautschuk auf- 
bauen, die geeigneten Verbindungsstücke und Einzelteile erst auf einander 
abstimmen. Ein Einüben im Sinne des oftmaligen Wiederholens vor der 
Stunde ist unmöglich: chemische Vorgänge bewirken ja eine Veränderung 
des Stoffes, jeder Versuch erfordert also stets neue Mengen von Reagentien 
und ist darum kostspielig. Auch verbietet die Art der Apparatur durch 
Wärme oder Feuchtigkeit bisweilen geradezu die Wiederholung eines Ver- 
suchs innerhalb eines kürzeren Zeitraumes. Also muß sich der Lehrer sehr 
häufig damit begnügen, daß er seinen Versuch schon einige Tage vor der 
Unterrichtsstunde und auch da nur ein einziges Mal ausführt — damit die 
Apparatteile bei Gebrauch sicher wieder in der richtigen Verfassung sind — 
and mit dieser Vorbereitung muß er vor die Klasse treten. Er hat beim 
Unterrichtsversuch bei weitem nicht die Gewißheit des guten Verlaufs, wie 
zie sein physikalischer Kollege besitzen wird, der seinen Versuch des öfteren
	        
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