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Allgemeiner Teil,
den Stoff in seinen Einzelheiten sicher beherrschen und zugleich das Ge-
samtgebiet so genau überblicken, daß er die allgemeinbildenden Momente
jederzeit herausfinden und verwerten kann. Aus diesem Grunde erscheint
es wünschenswert, daß der Kandidat die allgemeine Vorlesung über
unorganische und organische Chemie in dem vollen Umfang
hört, wie sie für die späteren Berufschemiker vorgetragen wird, dazu außer-
dem noch Spezialvorlesungen über allgemeine und technische
Chemie. Die Einführung in das Studium der Physik ist für jeden Lehr-
amtskandidaten der Naturwissenschaften in dem verbindlichen Besuch
einer zweisemesterigen Vorlesung über Experimentalphysik zu
fordern. Spezialvorlesungen aus dem Gebiet der Physik, ebenso wie solche
über einzelne ausgewählte Abschnitte der unorganischen und organischen
Chemie können der persönlichen Neigung des Studierenden vorbehalten
bleiben.
Die Studienzeit wird im allgemeinen auf 8 Semester zu bemessen sein.
„Im Interesse eines zielbewußten fruchtbaren Studiums ist bei der großen
Mannigfaltigkeit der Anforderungen die Veröffentlichung von Studien-
plänen seitens der Hochschulen für die einzelnen Studienfächer und Bil-
dungsrichtungen wünschenswert. Diese Studienpläne müssen sich darauf
beschränken, dem Studierenden Ratschläge zu erteilen.“ 7) Bezüglich
der Zeit und Pläne muß durchaus individuell verfahren werden. „Der-
jenige, der Chemie studieren will, muß neben eifrigem Kollegienbesuch
und fleißigem häuslichem Studium zur Belebung, Befestigung und Ord-
nung des gewaltigen Tatsachenmaterials und zur Erlernung der manu-
ellen Fertigkeiten mit großem Eifer die äußerst wichtigen praktischen
Übungen betreiben. Für ein erfolgreiches Arbeiten im Laboratorium
ist aber neben Fleiß Veranlagung die Hauptsache, und diese ist bei
den verschiedenen Menschen verschieden. Die geringere Begabung kann
der Studierende nun nicht etwa dadurch ausgleichen, daß er seine täg-
liche Arbeitszeit im Laboratorium verlängert, denn die Institute sind
nur zu bestimmten Stunden geöffnet. Er muß also zum Ausgleich die
Studienzeit verlängern. Was mithin der eine durch praktisches Arbeiten
in 2 Semestern zu erreichen vermag, kann ein anderer ev, nicht in 4 Se-
mestern durchführen. Hierbei kommt es ja auch sehr darauf an, ob der
Studierende, wie es bei den Realgymnasiasten und vor allem bei den
Oberrealschülern der Fall ist, schon einige chemische Vorkenntnisse besitzt,
die es ihm gestatten, die praktischen Übungen im Laboratorium sofort zu
beginnen.‘‘ 7)
Eine größere Vertiefung in das Gebiet der wissenschaftlichen Chemie
gewährt nur das Spezialstudium irgendeines besonderen Ab-
schnittes derselben. Im Rahmen eines achtsemestrigen Gesamtstudiums
ist die wissenschaftliche Arbeit wohl kaum so weit gediehen, daß sie mit