Vorschläge zur Behandlung der Oberstufe. 319
getaucht, welches ein Gemisch von Eosin und Fuchsin enthält. Schon nach
wenigen Minuten sieht man zu oberst einen Streifen reines Wasser, dann
gelbrotes Eosin und zum Schluß rotviolettes Fuchsin. Zum Schutz gegen
das Austrocknen wird ein großes Becherglas darüber gestülpt.
Will man einer Lösung Wasser entziehen, so muß man auf Grund des
Vorstehenden die Herausgabe desselben erzwingen. Ein Hilfsmittel ist be-
kanntlich das Abdestillieren des Lösungsmittels. Eine Flüssigkeit muß
man um so stärker erhitzen, um die Abgabe des Lösungswassers zu bewir-
<en, je konzentrierter sie ist. Auf dieser Überlegung setzt ein messender
Versuch ein. Als Demonstrationsapparat kommt nur das von Lüpke be-
schriebene große Thermometer in Betracht im Bereich von etwa 98—103°;
für Gruppenversuche sind Thermometer mit kleinerem Quecksilbergefäß
und Teilung in Zwanzigstelgrade verwendbar. In einem geeigneten Gefäß
mit Stopfen und Spiralkühler wird erst der Siedepunkt von 100—200 g
Wasser bestimmt. Darauf werden 5—10 % Rohrzucker zugesetzt und die
Siedetemperatur der Flüssigkeit abgelesen. Durch Verdoppelung des
Zuckerzusatzes wird auch eine Erhöhung des Siedepunktes um das Doppelte
bewirkt; aus den Versuchszahlen 1äßt sich die Siedekonstante des Wassers
zu 5,2 berechnen. Es wird verallgemeinert: Äquimolekulare Mengen
aller Stoffe, deren wässerige Lösung den Strom nicht leitet,
vewirken die gleiche Siedepunktserhöhung. Aus diesen Tat-
sachen folgt die von van t’Hoff ausgesprochene Erweiterung der Avo-
gadroschen Hypothese auch auf die Lösungen.
Der Versuch mit Zucker kann nun weiter fortgesetzt werden: auf Zusatz
von einigen Tropfen Salzsäure steigt die Siedepunktserhöhung sofort um
das Doppelte; dies ist also ein Beweis dafür, daß sich die Anzahl der Mo-
lekeln in der Zuckerlösung unter der Wirkung der Säure verdoppelte.
Der Lehrer berichtet dabei über die leicht durchführbare quantitative
Spaltung des Zuckers in zwei neue Zuckerarten. Dieser Inversionsversuch
kann zunächst als Beweis dafür verwendet werden, daß die Anzahl der ge-
lösten Molekeln den Grad der Siedepunktserhöhung bedingt; er kann aber
auch dazu anregen, das rein organisch-chemische Ergebnis des Versuches
in einem späteren Kurse über organische Chemie oder im Anschluß an
Biologie weiter zu verfolgen.
Nun wird in der gleichen Weise an Stelle von Rohrzucker eine 5 m
Lösung von Borsäure verwendet und aus der Siedepunktserhöhung das
Molekulargewicht dieser Substanz berechnet. Darauf nennt der Lehrer
zur Kontrolle die Formel der angewandten Verbindung. Diese Nutzan-
wendung des Gesetzes von der Siedekonstante trägt wesentlich dazu bei,
die Tatsache selbstverständlicher zu machen und besser einzuprägen.
Darauf wird eine Lösung von !/,, Mol Chlorkalium in der gleichen Konzen-
tration zum Sieden erhitzt; anstatt der errechneten Siedepunktserhöhung