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Besonderer Teil.
wird die nahezu verdoppelte Zahl gefunden: also ist hier eine Verdoppelung
der Molekeln anzunehmen, genau entsprechend der Dissoziationstheorie
über die Elektrolyte.
Die ganze Versuchsreihe über die Siedepunktserhöhung wird am zweck-
mäßigsten in zwei ohne Pause aufeinanderfolgenden Unterrichtsstunden
ausgeführt, da das Erhitzen des Wassers bis zum konstanten Siedepunkte
eine ziemliche Zeit in Anspruch nimmt. Dadurch wird allerdings der Ein-
druck, welcher in der Erinnerung der Schüler hinterbleibt, einigermaßen
abgeschwächt. Es erscheint darum notwendig, nach einigen Wochen,
vielleicht nach Behandlung des Chlors und der Halogene nochmals von
einer anderen Seite her auf die Versuche zurückzukommen, etwa in der
folgenden Form. Als Ursache der Siedepunktserhöhung wurde erkannt,
daß sich die gelösten Stoffe nicht von dem Lösungsmittel trennen wollten.
Nun ist aber die als Trennungsmittel angewandte Wärmezufuhr durchaus
nicht immer notwendig, um eine beschleunigte Verdunstung des Lösungs-
mittels zu bewirken; es genügt auch ein Absaugen der entstandenen Dämpfe
bzw. ein Vakuum. Mit irgendeiner der physikalischen Vorrichtungen
zeigt der Lehrer in einem Demonstrationsversuch, daß Äther einen starken
Dampfdruck besitzt. Darauf wird eine Barometerröhre mit Quecksilber
gefüllt und der Barometerstand daran abgelesen; einige andere Röhren
von gleicher Größe mit gutem Vakuum stehen schon vorgerichtet da. Die
eine derselben bleibt zum fortgesetzten Vergleich unverändert. In eine
zweite wird ein kleines Stöpselglas mit Äther gefüllt und die Spannkraft
der Dämpfe gemessen. In eine dritte läßt man eine 12 % Lösung von
Benzoesäure (= !/,9 Mol) in Äther aufsteigen, wodurch eine wesentlich
kleinere Depression entsteht. Die vierte Röhre wird mit einer 13,8 %
Salizylsäurelösung (= !/,, Mol) beschickt; ihr Spiegel stellt sich so hoch
wie bei der vorigen. Ist Gelegenheit vorhanden, diese Versuche noch um
wenige Minuten auszudehnen, so gibt man in zwei weiteren Röhren jeweils
\/, molare Mengen von Benzoesäure und Salizylsäure, wodurch zwei gleiche,
aber noch kleinere Depressionen entstehen: äquimolekulare Lösungen
besitzen den gleichen Dampfdruck; umgekehrt folgt aus dem Vor-
handensein eines gleichen Dampfdrucks auch die Anwesenheit einer gleichen
Molekelzahl in dem dargebotenen Raum. Diese Versuchsreihe nimmt höch-
stens eine Unterrichtsstunde in Anspruch, sie setzt allerdings voraus,
daß eine geeignete, Quecksilber sparende Wanne zur Verfügung steht, und
daß eine etwa halbstündige Vorbereitung der eigentlichen Unterrichts-
stunde unmittelbar vorausging.
Vergleich von Sauerstoff und Schwefel. Selen.
Wie schon früher ausgeführt wurde, besteht ein Teil der Aufgabe des
Dberkurses darin, eine Systematik der Grundstoffe zu begründen. Es