Full text: Allgemeiner Teil (6. Band, 1. Teil)

Der Erdkundelehrer als Heimatforscher. 
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die Berichte im Geogr. Anzeiger !) Auch das Zentralinstitut für Erziehung und 
Unterricht in Berlin veranstaltet ähnliche Reisen. Ein weiterer Ausbau der- 
artiger Veranstaltungen ist dringend erwünscht. Vor allem sollten auch Ge- 
sellschaftsreisen ins Ausland unternommen werden, bei denen dem 
Einzelnen alle Sorgen um Verpflegung, Beförderung und sprachliche Verstän- 
digung abgenommen werden, damit er sich um so gründlicher seinen wissen- 
schaftlichen Beobachtungen widmen kann. Was die großen Reisefirmen 
Cook, Stangen, Beyer für die Masse der Vergnügungsreisenden eingerichtet 
haben, sollte auf streng wissenschaftlicher und gemeinnütziger Grundlage in 
veredelter Form aufleben. Solche Auslandsreisen könnten für die Verbreitung 
besserer Auslandskenntnisse auch in wirtschafts- und kulturpolitischer Be- 
ziehung von größtem Segen werden. Freilich darf nicht vergessen werden, daß 
die Lehrer nicht so mit Glücksgütern ausgestattet zu sein pflegen, um solche 
weite Reisen ohne Geldsorgen ausführen zu können. Hier müssen öffentliche 
Mittel eingreifen. Unsere Schulbehörden haben früher den Philologen Urlaub 
und Geldunterstützung — wenn auch meist recht bescheidener Art — für 
Auslandsstudien gewährt. Warum soll das gleiche Verfahren — sobald wir 
ein wenig aus dem Finanzelend unserer Jahre herausgekommen sind — nicht 
auch auf den Geographielehrer Anwendung finden, der doch persönliche An- 
schauung von Land und Leuten braucht wie das tägliche Brot? Man hat in 
jüngster Zeit viel über Auslandskunde gesprochen — hier ist ein Haupthebel, 
an dem mit der Besserung unserer Auslandskenntnisse eingesetzt werden 
könnte! Die in Heidelberg versammelten Hochschullehrer der Erdkunde 
forderten als dringend notwendig: „Studienreisen von jüngeren Geographen 
nach Absolvierung der Studien in der Form eines längeren Aufenthaltes 
in einem fremden Lande, um dieses durch eingehendes Studium kennen zu- 
lernen.‘ Selbstverständlich würden wir auch diese Einrichtung mit Freuden 
begrüßen. Aber die von uns vorgeschlagenen Gruppenreisen würden insofern 
organisatorisch eine Vereinfachung bedeuten, als eine größere Zahl von 
Lehrern in verhältnismäßig kurzer Zeit in die fremde Landesnatur eingeführt 
wird als der ganz auf sich selbst angewiesene Einzelreisende, Und es kommt 
für den Lehrer im Amte schließlich mehr darauf an, Kenntnisse zu sammeln, 
Eindrücke in sich aufzunehmen, als neue Forschungsergebnisse zu erarbeiten, 
5. Der Erdkundelehrer als Heimatforscher. 
Es gehört zum wesentlichen Merkmal eines „wissenschaftlichen Lehrers“ — 
30 sollte es wenigstens sein ! —, daß er sich nicht genügen läßt, gelernten Stoff 
in die Scheidemünze schulmäßiger Bearbeitung zu wandeln, sondern daß er 
dauernd im lebendigen Zusammenhange mit den Fortschritten seines Faches 
bleibe, ja daß er in irgendeinem, wenn auch bescheidenen Teile sich als 
Schaffender an den Fortschritten beteilige. Mancher Lehrer wird dieser For- 
derung gegenüber vielleicht erklären: Die Lehrtätigkeit nimmt meine Zeit so
	        
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