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Ziel des erdkundlichen Unterrichts.
Schuldigkeit getan, wenn sie in den Gemütern die Sehnsucht nach Ein-
heit der Erkenntnis geweckt hat, und darf das Weitere getrost der Uni-
versität und dem Leben überlassen.‘ Drei Schlagworte haben wir aus obigen
Sätzen für unsere Auseinandersetzung gewonnen: 1. Nationale Bildun g,
2. Gegenwartskultur, 3. Harmonische Gesamtbildung.
Über das Wesen der Erdkunde als Wissenschaft haben wir uns im
ersten Abschnitte des Handbuches eingehend zu unterrichten gesucht. Es
haben sich dabei folgende Grundanschauungen feststellen lassen:
1. Das Arbeitsgebiet der Erdkunde ist die Erdoberfläche in dem durch
F.' v. Richthofen vorgeschlagenen körperlichen Sinne. ;
2, Die Erdkunde ist in erster Linie eine Wissenschaft des Raumes: sie
hat allenthalben den „chorologischen‘‘ Gesichtspunkt besonders zu betonen.
3. Sie ist in ihren Grundlagen eine Beobachtungswissenschaft und
damit auf naturwissenschaftliche Arbeitsformen angewiesen.
4. Sie verbindet Natur- und Geisteswissenschaften und sucht als „asso-
ziative‘“ Wissenschaft in einer ursächlichen Verknüpfung der erdkundlichen
Einzeltatsachen sowohl, als auch -der verschiedenen Fachgebiete unterein-
ander ihre Hauptaufgabe.
5. Sie umfaßt Länderkunde und allgemeine Erdkunde als gleich-
berechtigte Teilwissenschaften.
Mit dieser kurzen Kennzeichnung der Erdkunde als Wissenschaft ist
aber die sachliche Zielbestimmung der Erdkunde als Schulfach noch nicht
hinlänglich vorbereitet. Denn die Schule kann sich nicht der gleichen Strenge
der gegenseitigen Fachabschließung befleißigen, wie es die Wissenschaft zu-
nächst wenigstens versuchen muß; sie kommt ohne Grenzüberschrei-
tungen noch viel weniger aus als Universität und Forscherarbeit. Und wer
die Unterrichtsziele der Erdkunde bestimmen will, muß dieser Tatsache
Rechnung tragen. Zweierlei fremdartige Stoffe können dem erdkundlichen
Unterrichte zugewiesen werden: 1. solche, die in einem anderen Fache später
auftreten, als die Erdkunde sie braucht, 2. solche, für die es auf der Schule
überhaupt keinen besonderen Fachunterricht gibt. Es ist eine der größten
unterrichtlichen Schwierigkeiten, mit denen der Erdkundelehrer auf der
Unterstufe zu kämpfen hat: daß er fortgesetzt Anleihen in fremden Sach-
gebieten machen, daß er namentlich dem geordneten Unterricht in Mathe-
matik, Physik und Naturkunde vielfach vorgreifen muß. Man denke nur
an die Sonnenbahnbeobachtungen, die Windrose mit ihren Winkelteilungen,
das Gradnetz, die Geländedarstellung auf Karten, geologische Grundbegriffe,
ausländische Kulturpflanzen und ihre Verwertung, die schwierigen Erörte-
rungen über das Klima, endlich auch mancherlei Tatsachen aus der Geschichte.
Wenn diese Dinge zum Verständnis rein erdkundlicher Tatsachen unentbehr-
lich erscheinen, wenn sie sich aus methodischen Gründen nicht auf eine
spätere Unterrichtsstufe verschieben lassen, dann, aber auch nur dann