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Ziel des erdkundlichen Unterrichts.
so viel, als zum eindringlichen Verständnis der Länderkunde notwendig ist,
also namentlich: 1. die Globuslehre, 2. die Kartenkunde, 3. die Lehre von den
Formen der Erdoberfläche, 4. die Klimalehre. Er betont die großen Zu-
sammenhänge zwischen der Erwärmung der Erde und die dadurch bedingten
Kreisläufe in der Luft und im Ozeane, den Wasserhaushalt der Länder in
seinem Zusammenhange mit Oberflächengestalt, Bodenbeschaffenheit und
Vegetationskunde.
{IL Entlastet wird der Geographieunterricht von den strengeren Beweis-
Führungen geophysikalischer und mathematisch-geographischer Natur, welche
gelegentlich des Unterrichts der Physik und Mathematik gegeben werden,
ferner von einem näheren Eingehen auf einzelne Kultur- und Charkterpflanzen,
welche im biologischen Unterrichte behandelt werden, von dem näheren Ein-
gehen auf Struktur und Zusammensetzung der Erdkruste, sobald diese vom
geologischen Unterrichte behandelt werden können. Aber er kann nicht dar-
auf verzichten, einzelne Tatsachen geophysischer Natur in den unteren
Klassen dem Schüler in primitiver Form darzubieten, schon bevor sie vom
Unterrichte der Mathematik und Physik in den oberen Klassen behandelt
werden. Dies gilt namentlich von der Globuslehre. Er kann ferner nicht
darauf verzichten, die Verbreitungsgrenzen wichtiger Kultur- und Charakter-
pflanzen im Zusammenhange mit der Klimalehre zu behandeln, sowie nament-
lich auf Höhen- und Vegetationsgrenzen einzugehen. Es kann ferner der Geo-
graphieunterricht nicht darauf verzichten, bei Betrachtung der Formen der
Erdoberfläche den Inhalt der Formen nach Gesteinsbeschaffenheit und
geologischer Struktur zu würdigen, und es wird dementsprechend der
Geographieunterricht in den unteren Klassen dem Geologieunterricht in den
beren Klassen gelegentlich vorzugreifen haben.“
Der deutsche Geographentag in Lübeck hat auf Grund obiger Erwägungen
die Aufgaben des erdkundlichen Unterrichts wie folgt zusammengefaßt!:
Aufgaben des erdkundlichen Unterrichts sind:
i. Gewinnung klarer räumlicher Vorstellungen von den Verhältnissen der
Erdoberfläche.
2. Bekanntschaft mit den Grundlehren der mathematischen Erdkunde,
soweit sie für die allgemeine Bildung erforderlich sind.
* Der deutsche Geographentag zu Nürnberg (1907) hatte seine „Ständige Kommission
für erdkundlichen Schulunterricht“ mit der Abfassung einer ausführlichen „Denkschrift
über die gesamten zu einer zeitgemäßen Neugestaltung des geographischen Unterrichts
an den höheren Schulen erforderlichen Reformvorschläge‘“ beauftragt. Diese Denkschrift
wurde 1909 dem Lübecker Geographentage vorgelegt und löste einen lebhaften Meinungs-
austausch aus. Die Formulierung des Zieles für den erdkundlichen Unterricht wurde noch-
mals vom ‚„Zentralausschusse‘‘ vorgenommen und dann in dem oben mitgeteilten Wort-
laut den Regierungen der einzelnen Bundesstaaten unterbreitet. Die neuesten Lehrpläne
lassen den Einfluß dieses Schrittes erkennen.