Das bewegte Bild.
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jene Aufnahmen, in denen die Bewegung, das Leben das unter-
richtlich Wesentliche ist. Es fehlt nicht an derartigen Stoffen, und
Erich Reicke*, ein warmer Fürsprecher des erdkundlichen Films, hat uns eine
hübsche Sammlung von geeigneten Stoffen geboten. Er weist vor allem auf
das fließende und fallende Wasser hin. Der Rheinfall, der Niagara, der
schleierartige Regen des Staubbaches machen, in Bewegung vorgeführt,
zweifellos einen tieferen Eindruck auf den Beschauer als im farbigen Wand-
bild oder in einer photographischen Augenblicksaufnahme. Die Sägearbeit
des Wassers in einer Klamm, auf dem Grunde eines Canons, im lockeren Löß-
gebiet wird dem Schüler begreiflicher, wenn er das unaufhörliche Schäumen
und Wirbeln sieht. Die Hohlformen der Wadis und Fiumare erscheinen erst
verständlich, wenn das bewegte Bild sie mit ihrem Wasserinhalt nach einem
Gewitterregen vorführt. Das brandende Meer, der Wechsel von Ebbe
und Flut, das Aufsteigen der Flutwelle in manchen Strömen, die Tätigkeit der
Springquellen sind weitere geeignete Stoffe. Neben dem Wasser sind die Er-
scheinungen in der Atmosphäre — Wolkenbildungen, Sturmwirkungen,
Gewitter — zu nennen, vor allem aber der Vulkanismus in allen seinen
Äußerungen. Außerordentlich fesselnde Bilder bietet die Völkerkunde. Die
Lappen in ihrem Zelt (aber ohne Kinoschauspieler, wie sie ein Schulfilm
zeigt !), kajakfahrende Eskimo, Indianer beim Kriegstanz, Neger beim Volks-
fest, jagende Buschmänner mit ihren staubaufwirbelnden Sandalen, Malaien
im Auslegerboot, eine Audienz beim Negerkönig Joja — solche Vorführungen
sind ebenso unterhaltend wie lehrreich. Endlich sei noch auf die Verkehrs-
geographie hingewiesen: Hafenleben, ein Auswandererdampfer, Trajekt-
schiffe, ein amerikanischer Luxuszug, das Ausbooten an der westafrikanischen
Küste, das Leben in einem weltstädtischen Balınhof, Leipziger Straßenleben
zur Zeit der Großmesse seien als Beispiele genannt.
Also selbst bei strenger pädagogischer Auswahl fehlt es nicht an Stoffen,
die zur kinematographischen Vorführung wirklichen Lebens geeignet
sind.
Es gibt noch ein zweites Gebiet, auf dem der Film nützlich sein kann: wo
es sich um Darstellung großräumiger Landschaften handelt, die weder
das Auge, noch die Linse des Aufnahmeapparates mit einem Male fassen kann.
Man dreht in solchen Fällen die Kamera auf feststehendem Stativ und erhält
so ein Wandelbild, ein vorüberziehendes Panorama. Ein größerer Aus-
schnitt von der Uferlandschaft eines Sees, eines Stromes, die Gesamtansicht
eines Ortes von einem Aussichtspunkte seien als Beispiele genannt. Weniger
glücklich ist die Anwendung dieses Verfahrens auf Gegenstände, die man
allenfalls mit einem „Weitwinkel“ auch als Ganzes erfassen kann. Wenn
z. B. ein Schulfilm das Rothenburger Rathaus so zeigt, daß nach und nach
ı E. Reicke, Das Kinematogramm im erdkundlichen Unterricht, In: Aus d. Natur,
10. Jg. S. 258.