Das bewegte Bild.
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struierten Filme sind die im Kriege vielbenutzten „bewegten Landkarten“,
d. h. kartenmäßige Wiedergaben eines militärischen Vormarsches. Man hat
den gleichen Grundsatz seitdem vielfach angewendet, um Kartenbilder vor
dem Auge des Beschauers allmählich entstehen zu lassen. In ähnlicher Weise
könnte man die Blockdiagramme nach Davis verwerten, um die allmähliche
Wirkung der Erosion oder einer kontinentalen Senkung zu verdeutlichen.
Oder man könnte synoptische Wetterkarten aneinanderreihen, um die Ent-
wicklung eines barometrischen Minimums, das Wandern einer Sturmbahn
zu zeigen. (Sogenannte Zeitraffaufnahmen).
Die Lösung der Schulkinofrage ist nicht allein abhängig von der Fest-
stellung des Bedarfs, sondern vielleicht noch mehr von der Art, wie die Nach-
frage befriedigt werden kann. Die größten Filmhersteller, die Millionen für
die Aufnahm® eines Kinodramas ausgeben (wie Pathe Freres, Leon 'Gaumont,
Messters Projektion in Berlin, Raleigh und Robert, Eclipse, Lux, Eclair,
Bioskop, Dewesti, Terra), werden sich nur selten herbeilassen, erdkundlich
wertvolle Aufnahmen — sagen wir der westafrikanischen Kalema, eines
Geiserausbruches oder ostafrikanischer Negertänze — um ihrer selbst willen
machen zu lassen. Man nimmt solche Dinge mit, wenn sie am Wege liegen;
man füllt mit den Filmen das Programm, gibt sich den Anschein, daß man für
Volksbildung wirkt — aber getragen wird das Unternehmen völlig von den
dramatischen und „„Trickfilms‘“. Und so kommt es, daß von dem überreichen
Marktangebot nur der kleinste Teil den strengen Anforderungen der Schule
genügt. Hier kann gründliche Abhilfe nur von einem Unternehmen erwartet
werden, das auf gemeinnütziger Grundlage ruht. An Ansätzen hierzu fehlt
esnicht. So hat die Gesellschaft zur Verbreitung von Volksbildung
(Berlin NW 52, Lüneburger Straße 51) einen Filmkatalog für die Zwecke der
Volksbildung und des Unterrichts herausgegeben. Wir finden darin vorläufig
mehr bunte Mannigfaltigkeit als strenge Auslese. Es werden z. B. angeboten:
Spreewald, Hamburger Hafen, Nürnberg, Schwebebahn Elberfeld, Königsee,
Weinlese am Rhein, Rheinfall, Vierwaldstätter See, Gefahren der Alpen, Arl-
bergbahn, Besteigung des Mt. Blanc, Rettungsexpedition in den Alpen, Donau
von Passau bis Wien, Gondelfahrt in Venedig, Neapel, Vesuvausbruch, Kon-
stantinopel, lappländische Renntiere, Walfischfänger beim Fang, Rangun und
Umgebung, Japans Frauen, Viktoriafälle, südafrikanische Diamantenminen,
Niagarafall im Sommer und im Winter, Sitten und Gebräuche im malalischen
Archipel usw.
Der Kosmosverlag in Stuttgart gibt eine Zeitschrift „Film und Lichtbild“
(1. Jahrgang 1912) heraus, die sich ebenfalls die Nutzbarmachung der Film-
aufnahme für die Volksdildung zur Aufgabe stellt. Eine „Zentrale für wissen-
schaftliche und Schulkinematographie (System Otfried v. Hanstein), Berlin
W 30, Nollendorfstr. 11—12, bietet ihre Dienste an. Im Jahre 1913 hat sich
in Berlin eine „Kinematographische Studiengesellschaft‘“ gebildet