174 Reisebriefe und Forschungsberichte.
mitteilen wollen, gewinnt die Darstellung ungemein an Leben und än Reiz
für uns selbst. (Vgl. Moltkes klassische Reisebriefe )) ;
Der Lehrer kann reisen, so viel er will, den weitaus größten Teil seiner
Schilderungen muß er doch den Büchern entnehmen. Das erschwert den Ab-
lauf der geistigen Tätigkeit, weil er eine doppelte Synthese verlangt, eine vom
Lehrer, eine zweite vom Schüler. Aber es erleichtert andererseits die Selbst-
kritik, weil der Lehrer beim eigenen Lesen am besten merkt, welche Dar-
stellung ihn am meisten gefesselt, ihm das klarste Bild gegeben hat. So gehe
er zunächst selbst zu den großen Meistern in die Schule, die durch die Kraft
ihres Schauens, die schöpferische Sprachkunst ihn befruchten können. Er
findet sie unter den größten unserer Dichter und Forschungsreisenden!. Goethe,
Jean Paul, Chamisso seien unter den Dichtern genannt, Nachtigal, Sven Hedin,
Nansen unter den Forschern. Und es ist wohl kein Zufall, daß gerade Männer,
die wochen- ja mondelang mit sich selbst und einer fremden Natur allein
waren, die sich versenken konnten in die feinsten Züge der Natur, ihre treue-
sten und kraftvollsten Schilderer geworden sind. Das wiederholt sich auch bei
jenen, die aufgegangen sind in einem engbegrenzten Stück Heimat, das sie
nun zu malen verstehen mit ganzer Hingabe ihres Herzblutes. Hierher ge-
hören Männer wie Adalbert Stifter?, der Sohn des Böhmerwaldes, Hermann
Allmers, Heinr. Noe®, Der Lehrer lese nicht nur diese klassischen Schilde-
tungen, sondern er sammle fleißig Stellen, die künstlerisch wertvoll und unter-
richtlich brauchbar sind. Solche Sammelarbeit gehört zweifellos zum schönsten
Teil unserer unterrichtlichen Vorbereitung. Der Geographische Anze’ger hat
sich die dankbare Aufgabe gestellt, nach dieser Richtung hin vorbildlich zu
wirken, indem er regelmäßig „Lesefrüchte‘“ abdruckt. Andere Quellen für
gute Lesefrüchte sind die mancherlei erdkundlichen Lesebücher, die neuer-
dings. erschienen sind, z. B.:
A. W. Grube, Geographische Charakterbilder. Leipzig, Brandstetter. 22. Aufl, 1921/23.
Hentschel und Märkel, Umschau in Heimat und Fremde. Breslau, F. Hirt,
B. Volz, Geographische Charakterbilder. Leipzig, R. Reisland,
Wohlrabe, Deutsches Land und Volk. In Lied, Spruch und Prosaschilderung. Halle,
Gebauer-Schwetschke.
J. Wütschke, Erdkundliches Lesebuch. Berlin und München, R. Oldenbourg 1913.
F, Murawski, Geographisches Quellenlesebuch der außereuropäischen Erdteile. München,
F, Seybold 1913,
F, Lampe, Erdkundliches Lesebuch für höhere Lehranstalten. Halle, Waisenhaus 1911,
E. Ambrosius und Ph, Hinkel, Aus allen Zonen. Leipzig, List & v. Bressensdorf o. J.
Lerche, Erdkundliches Lesebuch für die Oberstufe höherer Lehranstalten und Seminare.
Breslau 1911.
» Chamisso, Reise um die Welt. — Jean Paul, Titan. — Nachtigal, Sahara und Su-
dan.—Sven Hedin, Durch AsiensWüsten.——Nansen ‚ Auf Schneeschuhen durchGrönland.
? A. Stifter, Studien. Vgl. K. Häntsch, Der geographische Wert der Landschafts-
schilderung A, Stifters. Zeitschr. f. Schulg. Bd, 25.
? H. Allmers, Marschenbuch. — H. No6&, Deutsches Alpenbuch.