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Lehrbuch und Anschauungsmittel,
Schablone und von strengen Gliederungen, den Stoff aufgereiht am Faden
einer Phantasiereise ! An wichtigen Punkten wird Halt gemacht, ein Wandbild
eingehend besprochen, das Gesehene wiedergegeben, als wäre der Schüler
selbst an Ort und Stelle gewesen. Auf der Unterstufe, wo Naturbeobachtung
oder in deren Ermangelung das Betrachten von Landschaftsbildern die ver-
standesmäßigen Verknüpfungen erdkundlicher Tatsachen noch bei weitem
überwiegen, läßt sich recht wohl ein großer Teil des Unterrichts in Form von
Bilderbesprechungen geben. Warum dann nicht das billige Bilderbuch wenig-
stens zum Teil an die Stelle der kostspieligen Wandbilder setzen?
Selbstverständlich bedürfen die Buchbilder einer kurzen erläuternden Unter-
schrift, die vor allem jene Namen gibt und jene Begriffe erläutert, die man
sonst in ein Merkheft eintragen lassen würde. Aber eines fortlaufenden Textes
bedarf es nicht, und damit wäre dem Lehrer in der Tat die größte Unterrichts-
freiheit gewährt. In vielen Fällen könnte eine einfache Kartenskizze die Lage-
beziehungen der im Bilde festgehaltenen Landschaft verdeutlichen, wie es z. B.
in den Schülerheften von Harms ausgiebig geschiehtl. Auch Durchschnitte,
Schemabilder können geboten werden, dazu in einem Anhang höchstens eine
Übersicht wichtiger Namen und Zahlen. Ein solches Buch läßt keine andere
Wiederholung zu als eine stete Auffrischung von Anschauungen, und es bliebe
dem Lehrer überlassen, die gewonnenen Eindrücke auf die verschiedenste Art
zu verknüpfen, sei es durch einfache Schilderung, durch Zusammenstellung
von Reisen, sei es mehr systematisch durch vergleichende Herausarbeitung
allgemeiner Gesichtspunkte. Es wäre wohl angängig, diese rein bildmäßige
Stoffeinprägung auf der Unterstufe beizubehalten und textliche Ausführungen
der Mittelstufe zuzuweisen. Dort wird sich ein Vorwiegen des Wortes nicht
mehr umgehen lassen, wenn auch die bildliche Darstellung noch manche dank-
bare Aufgabe zu lösen hat.
Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob die Bilder einem besonderen An-
hang zuzuweisen oder dem laufenden Text einzuordnen seien. Erzieherisch ist
zweifellos das zweite Verfahren vorzuziehen. Die erstgenannte Lösung ent-
stammt mehr der technischen Erwägung, daß Bilder auf hochglänzendem
Kunstdruckpapier besser wiedergegeben werden als im gewöhnlichen Buch-
druckverfahren — erst nachträglich ist zur Verteidigung ein methodisches
Mäntelchen umgehängt worden. Ein vermittelnder Ausweg wäre der, die
Bildertafeln zwischen die Druckbogen zu heften, was aber neue Schwierig-
keiten mit sich bringt. Recht gute Ergebnisse werden erzielt, wenn man den
Rasterdruck nicht nach der Photographie nimmt, sondern zunächst eine
Tuschzeichnung herstellt, die kontrastreicher im Ton und frei von störenden
Einzelheiten ist. Derartige Bildstöcke ermöglichen einen viel größeren Auf-
! Das Lernbuch der Erdkunde von A. Becker und J. Mayer (Wien, Deuticke 1904)
gibt zu den Bildern sogar eine saubere dreifarbige Karte und eine ausführliche Text-
erläuterung. ;