Full text: Allgemeiner Teil (6. Band, 1. Teil)

Formalstufen: Zusammenfassung des Stoffes, 193 
System. Die Darbietung des Stoffes ist wechselnd, bald in Form einer 
Phantasiereise, bald. als Kartenleseübung, als Bilderbesprechung, als freie 
Unterredung oder als Vortrag. In allen Fällen wird sich das Bedürfnis heraus- 
stellen, gewisse Stoffe in feste Form und Anordnung zu bringen, sie einzu- 
gliedern in das große Rahmenwerk, das die Vorstellungsmassen des mensch- 
lichen Geistes ordnet. Die Art der systematischen Zusammenfassung ist ver- 
schieden. Sie kann zunächst in der Herausarbeitung einer Gliederung be- 
stehen. Sind z, B. die Alpen auf der Unterstufe in zahlreichen Einzelschilde- 
rungen behandelt worden, so gliedern wir schließlich den Stoff in: 1. Lage, 
2. Einteilung, 3. Bewässerung, 4. Witterung, 5. Pflanzenleben, 6. Tierleben, 
7. Wohnplätze, 8. Beschäftigungen der Bewohner, 9. Verkehrswege, 10. Volks- 
leben, 11. Naturschönheiten, 12. Gefahren. Dann lassen sich Tabellen zu- 
sammenstellen: Schreibt alle von uns genannten Alpenberge. auf, ordnet sie 
nach der Höhe! Stellt Längstäler und Quertäler zusammen! Solche Tabellen 
werden mit früher gelernten verwebt, damit namentlich beim Zahlenwerk stets 
der Vergleich mit den bekannten Größen möglich ist. Denn „die einzelne Zahl 
ist ein totes Gedächtnisbild, das uns ebensowenig Aufklärung geben könnte 
wie die Höhe der Quecksilbersäule in einer Thermometerröhre, welcher die 
Teilstriche fehlen würden‘ (Peschel). Eine weitere Abart des Systems ist die 
Herausarbeitung von Begriffen oder Definitionen der allgemeinen Erd- 
kunde, 
Es ist nicht nötig und empfehlenswert, sofort bis zur Bildung des 
logischen Begriffes, d. h. der vollendeten, wissenschaftlich einwandfreien 
Definition vorzuschreiten. Vielfach genügt bereits der psychische 
oder Erfahrungsbegriff, der nur die von den Schülern bis jetzt ge- 
wonnenen Merkmale vereint. Ein Fjord ist z. B. für einen Quartaner 
als „flußartig gewundener Meerbusen mit steilen Felsufern‘“ hinlänglich 
definiert. 
Ein in neuerer Zeit sehr beliebt gewordenes und auch in Leitfaden an- 
gewandtes Verfahren des Systems ist die Gewinnung von Kernsätzen, die 
das Wesentliche einer Lehreinheit in kürzester Form zusammenfassen. Solche 
Ergebnissätze können trefflich sein, können Hauptgedanken in einer leicht 
einzuprägenden Art wiedergeben — aber das Bestreben, für jedes Kapitel 
einen Kernsatz zu bilden, führt allzu leicht zu Künstelei. Es gibt eben Stoffe, 
die nur durch anschauliche Schilderung klar werden, die einer Heraushebung 
von Grundgedanken widerstreben. Eine zweite Gefahr liegt darin, daß solche 
Sätze oft den Eindruck von Gesetzen gewähren, daß sie einen gewagten 
Sprung von einem Einzelbeispiel zu einer allgemein gültig scheinenden Wahr- 
heit machen. 
Anwendung. Im allgemeinen kann man sagen, daß in unserem Real- 
unterricht viel zu viel Neues geboten wird — eine natürliche Folge der Stoff- 
überfülle bei gleichzeitiger Beschränkung der Unterrichtszeit — und daß die 
Wagner, Methodik des erdkundlichen Unterrichts. I. 13
	        
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