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Fragen durch die Schüler,
stellungseinheit wird das „Flechtwerk kausaler Beziehungen‘ entwirrt, das
das Leben der Natur und des Menschen in einem bestimmten Länderraum
beherrscht. Da es auch Verhältnisse im Leben des Menschen gibt, die nicht
unmittelbar von dem Wirken der Landesnatur abhängig sind, so erfolgt noch
eine dritte Betrachtung desselben Länderraumes unter dem Kennwort
Völkerleben und Siedelungen. „Dreimal also kommt in immer stärkerer
Deutlichkeit das Raumbild zur Betrachtung, so daß schließlich eine klare An-
schauung der Gesamtverhältnisse einer Landschaft gewonnen wird. Mit der
Bezeichnung des unterrichtlichen Verfahrens als eines „psychischen Drei-
farbendrucks‘“ kann man seine Eigenart knapp und treffend charakteri-
sieren.‘“ Ein Beispiel soll das Verfahren erläutern. Die Einheit „Westelbisches
Tiefland‘ steht in V zur Behandlung. Die erste Durchnahme geschieht unter
der Überschrift: Vier Hauptlandschaftsarten im Nordseehinterland. (Löß-
gürtel, Geest, Moor, Marsch; Entstehung des Marschlandes, Deichbauten,
Wattenmeer, Inselsaum.) Die zweite Überschrift lautet: Mäßigender und be-
lebender Einfluß der See. (Klimaeigenart, Bodennutzung, Wattenmeer als
Schutz gegen feindlichen Angriff, Maßregeln für die Sicherheit der Schiffahrt,
Fischfang.) Endlich drittens: Der Sitz festgegründeten Großbauerntums.
(Politische Gliederung, entscheidender Einfluß der Verkehrslage auf die Bil-
dung von Großstädten.)
Hält man dieses beliebig herausgegriffene Beispiel neben die vorher ge-
gebene theoretische Begründung, so zeigt sich bald, daß die. scharfe Dreiglie-
derung gar nicht durchgeführt ist. Der erste Teil enthält bereits die Wechsel-
wirkung zwischen Natur und Menschen (Deichbauten); der dritte Teil um-
faßt sehr viele Punkte, die ebenfalls die Abhängigkeit des Menschen von der
Landesnatur betonen, obgleich gerade hier die Unabhängigkeit gewisser
Kulturäußerungen vom Boden bewiesen werden sollte. Ebensowenig ent-
sprechen die drei besonderen Zielbestimmungen dem wirklich gebotenen
Stoffe, Und nun sehe man sich ein Schulbuch an, das von Anfang bis Ende
durch sechs Bände nach dem Dreifarbendruckverfahren durchgeführt ist —
man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß hier eine methodische
Zwangsjacke geboten wird, die die freie unterrichtliche Gestaltung mehr
hemmt als erleichtert. Die theoretische Begründung hält weder einer psy-
chologischen, noch einer fachwissenschaftlichen Prüfung stand; die prak-
tische Durchführung hat nur den einen Vorteil, daß sie den Lehrer zwingt
seinen Lehrstoff immer wieder nach neuen Gesichtspunkten zu durchdenken
— und solche treue Lehrerarbeit ist nie ohne inneren Erfolg.
Steinhauff führt uns hinüber zu denjenigen Methodikern, die die Stoff-
anordnung ausschließlich nach fachwissenschaftlichen Rücksichten vor-
nehmen. Zu ihnen gehören fast alle Geographen der älteren Schule. „Lage,
Größe, Grenzen, Gliederung usf.“ — das war das bekannte Schema, das auch
in Leitfäden früher allgemein auf die Länderbetrachtung angewandt wurde.