230 Das Zeichnen: Hilfslinien als Ersatz für Gradnetze.,
net werden muß und daß es namentlich innerhalb eines bereits vorhandenen
stark gekrümmten Gradnetzes störend und verwirrend wirkt. Seine Anwen-
dung ist zu empfehlen in erster Linie für Heimatkarten, auf denen es leicht
das Gradnetz ersetzen kann — namentlich auf der Unterstufe, auf der die
Globuslehre. noch nicht vorausgesetzt wird. Besonders erleichtert es den
Massenunterricht, wenn etwa der Lehrer an der Wandtafel innerhalb eines
Quadratnetzes die Heimatkarte allmählich vor den Augen der Schüler
entstehen läßt und die Schüler das Bild dann in kleinerem Maßstabe nach-
zeichnen. Auf späterer Stufe läßt sich vielleicht gelegentlich eine Vergrö-
Berung einer Atlaskarte mit Hilfe des Netzes anfertigen, etwa eine Zeich-
nung von der Kamerunbucht im doppelten Maßstab der Atlaskarte. Oder
die Schüler zeichnen einen Ausschnitt des heimatlichen Meßtischblattes unter
Anwendung eines besonders engmaschigen Netzes, damit sie an einem Beispiel
die übliche Arbeitsweise des Berufskartenzeichners nachahmen.
Ganz anders ist die Frage der Hilfslinien zu beantworten, wenn es sich um
freihändige Skizzen handelt, die lediglich der Einprägung der Hauptlinien
des Kartenbildes dienen sollen. Dann ist für das Grundgerüst selbst das erste
Erfordernis, daß es einfach zu konstruieren und in seinen Lagebeziehungen
zum Karteninhalt leicht zu behalten sei. Versuche in dieser Richtung sind
von verschiedenen Methodikern angestellt worden; aber die meisten Ver-
fahren sind wieder aufgegeben worden. Wir begnügen uns deshalb mit einer
ganz kurzen Kennzeichnung und verweisen im übrigen auf die ausführlichen
Darstellungen älterer Verfahren bei Matzatl.
I. Geometrische Figuren als Grundgerüste.
1. v. Canstein (1835) verwendet leicht darstellbare, freihändig nach dem
Augenmaß zu zeichnende Figuren zur Kennzeichnung der Hauptumrisse,
z. B. für Afrika ein Quadrat, Amerika zwei gleichschenklige Dreiecke, Ruß-
land einen Kreis und ein Rechteck,
2. Oppermann (1852) gibt jeder seiner Atlaskarten eine kleine Konstruk-
tionszeichnung bei, die vom Schüler beim Nachbilden benutzt werden soll,
z. B. für Afrika drei Quadrate, für die Balkanhalbinsel ein gleichseitiges Drei-
eck, das in sechs gleichbreite Zonen geteilt ist.
Solche Figuren zu verwenden, mag dort am Platze sein, wo sich die Ähn-
lichkeit mit dem Kartenbilde dem Kindesauge aufdrängt. Es dürfte aber nicht
viele solche Fälle geben.
II. Feste Grundstrecken, als Rest eines Quadratnetzes,
1. E. Stößner (1870) suchte für jedes Kartenbild eine Gerade zu finden, die
möglichst in Nordsüd- oder Ostwestrichtung verläuft und wichtige Punkte
berührt. Die Gerade wird durch jene wichtigen Punkte in gleichlange Strecken
geteilt. Die so gewonnene Maßstrecke heißt Normale, Durch Abtragen der
Normalen nach beiden Richtungen von der Grundgeraden — möglichst
'! Heinr. Matzat, Methodik des geographischen Unterrichts. Berlin 1885.