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Der Aussichtsturm,
leisten kommen erst in zweiter Linie in Betracht; denn Lehrmittel, die oft
angesehen werden sollen, sind besser im Klassenzimmer aufzustellen als in
einem Raume, der bestenfalls wöchentlich zweimal betreten wird und der
außerdem häufig schon in der Pause großenteils verdunkelt ist.
Recht angenehm ist es, wenn der Tisch mit einer Leselampe ausgestattet
werden kann.
3. Der Aussichtsturm.
Seit man von dem Gedanken abgekommen ist, daß ein Schulhaus not-
wendigerweise in seinem Äußeren an eine Kaserne erinnern müsse, seit man
gelernt hat, Schulen mannigfaltiger und künstlerischer auszugestalten, stattet
man sie nicht selten auch mit einem Turm aus. Da ein solcher die Baukosten
erhöht, sucht der Künstler nach eine geeigneten Begründung, und er findet
sie in dem Satze: der Turm dient dem heimatkundlichen und astronomischen
Unterricht. Meist dürfte der eben skizzierte Gedankengang vom künstlerischen
Bedürfnis zur praktischen Verwertung geführt haben, nicht umgekehrt. Und
so kommt es, daß die vorhandenen Türme ihren unterrichtlichen Aufgaben oft
herzlich schlecht angepaßt sind. Sie sind eben Zierrate, entbehren aber einer
zum Unterricht unbedingt notwendigen geräumigen Plattform mit allseitig
ıngehinderter Aussicht. Es ist Sache der Fachlehrer, wo Neubauten be-
arbeitet werden, rechtzeitig ihre Stimme zu erheben, damit zweckent-
sprechende Aussichtstürme häufiger gebaut werden, als es zurzeit der Fall
ist. Denn daß sie großen Nutzen stiften können, darüber ist kein Zweifel.
Ein gutes Beispiel zeigt der Turm der Dresdener Studienanstalt. Zunächst ist
schon der Aufgang durch das Dachgeschoß für Massenbenutzung eingerichtet
und mit elektrischer Beleuchtung versehen.“ Die nach außen führende Tür
(äßt sich durch Drehung einer Kurbel leicht öffnen und nach oben feststellen.
Denn aufgesetzte Treppentürmchen sind wegen der Einengung des Gesichts-
teldes nicht zu empfehlen. Die Plattform selbst ist ohne jeden Überbau und
bietet bei 6,40 m Kreisdurchmesser auch einer starken Klasse hinreichend
Raum. Im Mittelpunkt steht ein gemauerter Pfeiler mit aufgelegter schwarzer
Schieferplatte — allerdings nicht etwa wie ein Sternwartenpfeiler vom Bau-
grund frei aufgemauert, aber doch hinreichend fest, um als Beobachtungs-
pfeiler zum Aufstellen eines Winkelinstruments, eines Gnomons oder zum.
Auflegen einer Karte zu dienen. Der Mittelpunkt der Platte ist vom Ver:
messungsamt nach geographischer Länge und Breite, sowie nach seiner Lage
zum Koordinatensystem und zum Dreiecksnetz genau bestimmt. Die Himmels-
richtungen sind durch eingeritzte Linien festgelegt, außerdem durch Ein-
feilungen im Geländer des Turmes. Ferner ist durch Nivellement die Höhe
der Platte bestimmt. So läßt sich der Turm nicht nur im heimatkundlichen
Anfangsunterricht trefflich ausnützen, sondern auch zur Lösung leichter ge0-
dätischer Aufgaben und zu Beobachtungen des Sternhimmels.