V. Stellung des erdkundlichen Unterrichts im Lehrplan.
1. Grundsätze für die Stoffanordnung.
Ehe wir von der Erläuterung allgemeiner Unterrichtsgrundsätze zur päda-
gogischen Kleinarbeit übergehen, wird es gut sein, das Gesamtgebiet des
Lehrstoffes zu überblicken und eine brauchbare Anordnung und Verteilung
auf die Schuljahre zu gewinnen. Die allmähliche Erweiterung erdkundlicher;
Erkenntnisse, wie sie im Laufe der sechs oder neun Schuljahre erfolgt, kann
nach verschiedenen Grundsätzen erreicht werden. Je nachdem wir diese
Grundsätze rein und getrennt anwenden oder einen Ausgleich zwischen ihnen
anstreben, ergeben sich verschiedene Lehrgänge:
1. Analytischer Lehrgang. Wir betrachten 1. die Erde als Gestirn, als
Glied des Sonnensystems, 2. die Erdkugel als mathematischen Körper,
3. die Erdoberfläche als Ganzes (Weltmeere, Erdteile), 4. die außereuropä-
ischen Erdteile, 5. die Länder Europas, 6. Deutschland, 7. das engere Heimat-
land. Insofern. dieser Lehrgang zu immer kleineren Einheiten übergeht, ist
er streng systematisch oder zentripetal (Stübler)!1. Übersetzen wir das
Verfahren ins Begriffliche, so ist es als Deduktion (Kerp) zu bezeichnen.
Es ist streng wissenschaftlich. „Alle Welt- und Erdbeschreibung, sofern
sie ein System sein soll, muß vom Globus, der Idee des Ganzen anfangen
und darauf stets Beziehung haben“, sagt schon Kant. Die systematische An-
ordnung eignet sich besonders für Lehrbücher der Erdkunde‘ und für.
Atlanten, die mehr als Nachschlagewerke denn als schulmethodische Ar-
beiten gelten wollen, weil die Einfachheit und Durchsichtigkeit der Gliede-
rung hier erstes Erfordernis ist. Von den geographischen Methodikern, die
den analytischen Lehrgang angewandt haben, sind heute höchstens Daniel
und Püfz bekannt, obgleich die unter diesen Namen erscheinenden Leitfäden
längst die strenge Deduktion aufgegeben haben. Denn ein Fehler macht sich
bei letzterer im Schulbetrieb sehr störend bemerkbar: sie verzichtet ganz auf
die Ausnutzung des kindlichen Erfahrungskreises und beginnt mit Dingen,
die räumlich wie sachlich der Jugend viel zu fern liegen. Wird der gesamte
erdkundliche Lernstoff während der Schulzeit zweimal dargeboten, so mag
der analytische Lehrgang auf der Oberstufe recht wohl durchführbar sein.
‘ Stübler, Die verschiedenen Methoden im geographischen Unterricht. Zeitschr, f. Schul-
geogr. 1903, 24. Jg.