Full text: Allgemeiner Teil (6. Band, 1. Teil)

288 Lehrplan der Deutschen Oberschule in Preußen von 1924, 
Erweiterung der bisher gewonnenen Elemente einer allgemeinen Geographie durch 
die Übersicht über die Hauptperioden der Erdgeschichte unter Bezugnahme auf 
die deutschen Landschaften, in denen die einzelnen Formationen typisch auftreten, Eirm- 
führung in die Reichskarte 1:100000 und in die geologische Karte, die beide So- 
wohl beim länderkundlichen Lehrstoff wie auf Wanderungen und Ausflügen heranzu- 
ziehen sind, 
Obersekunda (2 Stunden). Vorbemerkung für die Oberstufe. Der Lehrgang 
der Erdkunde in den oberen Klassen erfordert eine Arbeitsteilung mit den mathematisch- 
naturwissenschaftlichen und den geschichtlich-geisteswissenschaftlichen Fächern. Die in 
ihm zu behandelnden Fragengruppen sind daher in ihrer Auswahl und Reihenfolge größten- 
teils abhängig von den Lehrgängen und Lehrstoffen dierer Fächer, Der erdkundliche 
Unterricht wird in Wechselwirkung mit Mathematik, Physik, Biologie, aber auch mit 
Staatsbürgerkunde und Geschichte, besonders die Verwurzelung der Kultur in der Natur 
durch den Nachweis der Gesetzmäßigkeit darstellen und die Schüler zu funktionellem 
Denken reif machen, sie zu genetischer Auffassung erziehen und durch sichere Vorstel- 
lungen von den Beziehungen zwischen Boden und Staat, zwischen Erde und Menschheit 
das staatsbürgerliche Verständnis vertiefen. Der abschließende Lehrgang der Länder- 
kunde sieht daher seine wesentliche Aufgabe nicht so sehr in einer Erweiterung des Lehr- 
stoffes der Mittelstufe; vielmehr ersetzt er die räumlich gruppierte Durchnahme der Länder 
durch Betrachtungen über die wirtschaftliche, soziale und politische Organisation der 
Völker und ihre gegenseitigen Beziehungen, durch Querschnitte und Vergleiche morpho- 
logischer oder klimatischer, ethnographischer oder kultur-, wirtschafts- und verkehrs- 
geographischer sowie politischer Verhältnisse. Als Problemgruppen kommen dabei in 
Frage: Abhängigkeit des Menschen von der Erde und ihre Beherrschung durch ihn; Wirt- 
schaftsstufen und Wirtschaftsformen; Arten der Kolonisation; Rohstofferzeugung und 
Veredelung; Abhängigkeit des Güterwertes von Angebot und Nachfrage; Förderungen 
und Hemmungen rein geistiger Kultur durch Eigenart der Länder und Veranlagung der 
Völker; Zusammenhang zwischen Staat und Boden; natürliche und geschichtlich gewor- 
dene Grenzen; natürliche und künstliche Siedelung; Entwicklung und Wege des Welt- 
verkehrs, Weiterhin wird der erdkundliche Unterricht dem Schüler durch knappe Syste- 
matik einen Überblick über die irdische Welt geben und den Erdkörper mit seinen Be- 
wegungserscheinungen ins All einordnen, Er wird schließlich in die Geschichte der Erd- 
kunde einführen und durch die Lektüre wertvoller Aufsätze und geeigneter Werke eine 
selbständige, in den kulturkundlichen Arbeitsgemeinschaften zu vertiefende Verarbeitung 
erdkundlicher Probleme vorbereiten. Nach alledem kann die im folgenden gegebene Stoff- 
verteilung nur eine unter vielen Möglichkeiten darstellen. 
Lehraufgabe der Obersekunda: Länderkunde im Sinne der Vorbemerkungen, 
am besten die wichtigsten Großstaaten und die Hauptwirtschaftsgebiete der 
Erde, namentlich die Vereinigten Staaten von Nordamerika, Spanien und die spanisch 
redenden Länder, das britische und französische Weltreich, 
Prima (U I und O I, je 2 Stunden). 
Unterprima: Abschluß der Länderkunde: die Balkanstaaten, Italien una der 
nahe Orient mit Ausblicken auf den fernen Orient, Rußland und die ihm angeglie- 
derten Republiken, Deutschlands Nachbarn und das Deutsche Reich, Der Ge- 
samtaufgabe der Klasse entsprechend werden bei der Auswahl der Gesichtspunkte die 
Interessen der Staatsbürgerkunde besonders zu beachten sein. Die Beziehungen der ein- 
zelnen Länder und Völker zum Deutschen Reiche stehen im Vordergrunde,. Dem Deutsch- 
tum im Auslande, den Kultureinflüssen Deutschlands auf andere Völker, der Ver- 
knüpfung deutscher Kapitalien, deutschen Gewerbes und Handels und der deutschen Land- 
wirtschaft mit anderen Erdgebieten ist eingehende Aufmerksamkeit zu schenken.
	        
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