26 Beziehungen der Erdkunde zu den Nachbarwissenschaften.
höhere Einheiten zusammenfassen!‘“, Auch K. Andree? hat der Stellung der
Geologie zur Geographie eine kritische Untersuchung gewidmet. Er weist
die allgemeine Geologie den konkreten oder systematischen Erscheinungs-
wissenschaften zu, die Geographie und Paläographie den Raumwissenschaften.
„Allgemeine Geologie beschränkt sich durchaus nicht auf die Vorgänge der
Jetztzeit, sondern betrachtet das gesamte irdische Geschehen der endogenen
wie exogenen Dynamik von allgemeineren Gesichtspunkten aus, und zwar
losgelöst von jedem speziellen Zeitbegriff.“ Sie untersucht nicht nur die
heutigen Wirkungen des Eises und der Gletscher, sondern die Entstehung
und den Ablauf von Eiszeiten allgemein. Sie erforscht „die Bedingungen der
Gebirgsbildung, z. B. nach ihrem Zusammenhang mit den Geosynklinalen, mit
dem Erdmagnetismus, mit dem Vulkanismus und mit so vielen. anderen Er-
scheinungen, um schließlich gleichsam zu einer Physiologie des Erdkörpers
zu gelangen.“ Die Paläogeographie möchte Andree lieber als einen Zweig der
Geologie auffassen; dagegen empfiehlt er die „regionale Geologie‘“ als einen
chorologischen Teil dieser Wissenschaft dem Geographen als eine seiner
wichtigsten Hilfswissenschaften.
Eins zeigt der gegebene Überblick deutlich: auch der strengste Geograph
wird aus der Geologie nicht nur gelegentliche Belehrung schöpfen, sondern er
muß ihre Arbeitsweisen bis zu einem gewissen Grade zu den seinen machen.
Wir geben A. Hetfner® recht, wenn er sagt: „So sehen wir uns überall auf die
geologische Auffassung des inneren Baues zurückverwiesen, wenn wir die
inneren Formen der Erdoberfläche erklären wollen. Der Studierende der
Morphologie, der sich vielleicht schon gefreut hat, das Studium der Geologie
an den Nagel zu hängen, wird doch wieder zum Hammer greifen und sich die
Kenntnis der Gesteine und Formationen einprägen müssen. Die Geographie
soll nicht zur Geologie werden, die geographische Beschreibung einer Land-
schaft soll auch nicht in eine Erzählung der geologischen Geschichte aus-
laufen, aber die Auffassung des inneren Baues muß geologisch bleiben, und
der Gedanke, morphologische Erkenntnis ohne die Hilfe der Geologie, ich
möchte sagen unter Umgehung der Geologie zu gewinnen, ist ein Unding; die
Geologie bleibt die unerläßliche Hilfswissenschaft der geographischen
Morphologie, ähnlich wie etwa die Mathematik die unerläßliche Hilfswissen-
schaft der Physik ist.“
Ähnlich verwickelt sind die Beziehungen der Erdkunde zur Botanik und
‘ Man vgl. hierzu auch F, Hahn, Methodische Untersuchungen über die Grenzen der
Geographie (Erdbeschreibung) gegen die Nachbarwissenschaften, Peterm. Mitteil. 1914.
(Wenn auch Hahns Ansichten nicht allseitig Beifall finden dürften!)
* K. Andree, Erscheinungs-, Raum- und Zeitwissenschaften. Aus d. Nat. 1918/19.
R. 1.
3 A. Hettner, Die Abhängigkeit der Form der Landoberfläche vom inneren Bau. Geogr.
Zeitschr. 1913.