Erdkunde und Biologie,
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Zoologie. Wenn der botanische Sammler von seiner Feldarbeit heimkehrt,
so harren seiner zwei Aufgaben: Einordnen der Individuen in das morpho-
logische System und in bestimmt umgrenzte Florengebiete. Systematische
Zusammenstellungen und Pflanzenkataloge einzelner. Länder sind das Er-
gebnis, und aus dem Zusammenarbeiten aller Kataloge ergibt sich die Fest-
legung der Verbreitungsbezirke und die Zeichnung von Verbreitungsgrenzen.
Trotz der äußerlichen Form ist damit noch nichts wesentlich Geographisches
geleistet. Dann setzt ein anderer Zweig der Botanik ein, die Biologie, oder
— nach Häckels Vorschlag — Ökologie. Sie untersucht die „Lebenserschei-
nungen der Pflanzen- (und Tier-)welt im Kampf um den Raum unter den vom
Klima und der Landschaft äußerlich gegebenen Bedingungen‘‘ (Drude). Die
„funktionellen Anpassungen‘‘ sind tiefgreifend; sie betreffen sowohl die
äußere Gestalt, als auch den feinsten anatomischen Bau; genaue morpho-
logische, mikroskopische Untersuchungen und feine physiologische Experi-
mente sind zu ihrem Studium nötig, das somit durchaus in das Arbeitsgebiet
des Botanikers gehört. Aber je mehr wir die Ergebnisse derartiger Einzel-
untersuchungen zusammenfassen, desto mehr kommt der geographische Ge-
sichtspunkt zur Geltung, der in. den drei Worten „Raum, Klima, Boden-
gestaltung“ seinen Ausdruck findet. Treffend hebt Drude das Herauswachsen
der Pflanzengeographie aus der Ökologie hervor: „Der leitende geographi-
sche Gesichtspunkt. gegenüber der organischen Welt.heißt: Lebensbe-
zirke gliedern und in diesen Lebensbezirken eine wesentliche Charakteristik
der Kontinente und Inselreiche, der landfernen und der die Küsten umspülen-
den Ozeane erkennen. Der leitende biologische Gesichtspunkt gegenüber
der Erdkugel heißt: die Gründe der verschiedenen Verteilungsweise
erkennen, sei es aus den der Forschung sich. darbietenden Hilfsmitteln der
Lebensgeschichte der Gegenwart, sei es — wo diese letzteren versagen — aus
dem Nachspüren in geologischer Vergangenheit, wo analoge Beziehungen ob-
gewaltet haben werden. Der Geographie wohnt eine universelle Richtung
inne, sie erstrebt die Kenntnis großer Grundzüge des Erdbildes und läßt sich
die Einzelheiten von ihren verbündeten Wissenschaften. zutragen. Die or-
ganischen Wissenschaften bauen aus Einzelkenntnissen auf, müssen ihren
Grundelementen, den einzelnen Spezies, nach Form und inneren physio-
logischen Eigenschaften voll Rechnung tragen; diese Einzelkenntnisse an-
häufende Richtung wohnt auch der Ökologie durchaus inne; sie schädigt große
Überblicke, zu denen sie sich mühsam durchringt, bis geographische Grund-
gedanken befruchtend und befreiend von zersplitternder Tätigkeit ihre Er-
gebnisse zu Gesamtbildern vereinigen.“ ;
So liegt also die Hauptaufgabe der Pflanzengeographie darin, daß sie die
Einzelpflanzen zu einem Gesamtbild, zu einem „„Pflanzenkleid der Land-
schaft‘“ zusammenfaßt und daß sie dieses Pflanzenkleid in ursächliche
Beziehung zu Raum, Klima, Bodengestalt und Bodenart setzt.