Full text: Besonderer Teil (6. Band, 2. Teil)

Lehrstoff für Sexta. 
an jene wichtige Streitfrage, die den ganzen Lehrplanaufbau in Sexta be- 
stimmt: Soll auch das 4. Schuljahr ausschließlich der im Wan- 
derbereich liegenden Heimat gewidmet sein oder läßt sich hier 
bereits ein Rundgang durch das engere Vaterland vornehmen, gegründet 
auf reichliche Bildbetrachtung, eingeflochtene Handlungen, kindliche Schil- 
derungen? Früher war der zweite Weg allgemein üblich, (Verfasser hat 
ihn jahrelang mit großer Freude nach ähnlichen Grundsätzen beschritten, 
wie sie in Tischendorfs Präparationen niedergelegt sind.) Jetzt wird von 
vielen Volksschulvertretern das ganze Jahr noch für die Heimatkunde 
beansprucht. Ob mit Recht, hängt bis zu einem gewissen Grade vom Schul- 
ort ab. Es gibt Gegenden mit einem großen Reichtum erdkundlich wert- 
vollster Anregungen, andere, die wesentlich ärmer ausgestattet sind — 
wenigstens für das Kindesverständnis. Eine Heimatkunde der Großstadt 
bietet ungleich mehr als die einer Landstadt. Eins aber bleibt für alle Orte 
gleich: die Aufnahmefähigkeit des kindlichen Geistes. Nicht alles, was die 
Heimat bieten kann, paßt für Neunjährige; die Heimat soll unter- 
richtlich ausgewertet werden bis zum letzten Schuljahr, bis 
zur Oberprima, Jede Schulwanderung erweitert den Erfahrungskreis, 
öffnet das Verständnis für neue Fragen. Wer den zusammenhängenden 
Heimatunterricht aber allzulange innerhalb der Grundschule ausdehnt, 
befindet sich dauernd in der Gefahr, über die Köpfe hinweg zu reden. Und 
dann ist es ein Irrtum, zu glauben, Heimatstoffe seien leichter an Kinder 
heranzubringen, weil sie in der Natur gezeigt werden können. Das Kind 
drängt weiter nach der unbekannten Ferne; seine Phantasie hungert 
nach Betätigung. Solche Überlegungen führen zu dem Schlusse, daß das 
frühere Verfahren doch nicht so ganz unpsychologisch war und daß das 
vierte Schuljahr recht wohl bereits den Gesichtskreis auf das engere Vater- 
land erweitern kann! 
4. Arbeitsunterricht soll in möglichst großem Ausmaß ge- 
trieben werden. Über die Vieldeutigkeit des Begriffs „Arbeitsschule“ 
ist bereits im ersten Bande gesprochen worden. Sein Inhalt ändert sich 
mit dem Alter des Zöglings. Das jüngere Kind hat einen starken Drang 
nach Selbstbetätigung, nach Bewegung, nach Basteln; das Stillsitzen ist 
ihm durchaus wesensfremd, das geduldige Anhören längerer Erzählungen 
ebenso. Der Grundschullehrer hat das Recht und die Pflicht, den Spiel- 
und Bewegungsdrang des Kindes zu befriedigen, ihn fruchtbringend anzu- 
wenden und ihn allmählich überzuführen in immer wertvollere Formen der 
Selbstbetätigung. Der Lehrer in Sexta arbeitet nach den gleichen Grund- 
sätzen; aber immer mehr muß er sich die Frage vorlegen: Steht die auf- 
gewandte Zeit auch im rechten Verhältnis zum Erreichten — 
zur Stärkung der Arbeitsfähigkeit, zur größeren Klarheit der Begriffe, zur 
Erzielung wirklicher Entdeckerfreude? Unter dieser Einschränkung, unter 
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