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Länderkunde angeschlossen werden, soll die Oberstufe in den Rahmen der
allgemeinen Geographie länderkundliche Darstellungen hineinarbeiten.
4. Hettner, der die allgemeine Erdkunde innerhalb des Schulunterrichts
möglichst einzuschränken rät, macht auf eine irrtümliche Auffassung ihres
Wesens aufmerksam: „Es ist falsch, wenn man die allgemeine Geographie
mit genereller, die Länderkunde mit individualisierender Betrachtung für
gleichbedeutend hält. Der allgemeinen Geographie fallen die singulären
Erscheinungen zu, die nicht auf einen kleineren Erdraum oder auch
nur einen Erdteil beschränkt sind, sondern sich über die ganze Erde oder
doch mehrere Erdteile erstrecken, wie, um einige Beispiele zu nennen, die
Anordnung der Kontinente und Ozeane und Mittelmeere, der Vulkangürtel
der Erde, das System der Meeresströmungen, das System der atmosphä-
rischen Zirkulation, die Anordnung der Florengebiete, das Weltstaaten-
system, der Weltverkehr, die Weltwirtschaft.“ ‚Eine allgemeine Geographie
im Sinne der großen singulären Komplexe und Systeme ist natürlich ebenso
notwendig wie irgendeine Landeskunde.“ Damit schränkt sich Hettners
ablehnende Stellung ein auf die zweite Aufgabe der allgemeinen Erdkunde,
die „generelle Betrachtung“. „Wir messen der vollen Allgemeinheit
der Begriffsbildung, die natürlich nur in der allgemeinen Geographie möglich
ist, einen geringeren didaktischen Wert bei als der größeren Lebensfülle
und der direkteren Verbindung mit Ursachen und Wirkungen, wie sie nur
in der Länderkunde gegeben werden kann. Wir versprechen uns z. B. eine
lebendigere Vorstellung und ein sicheres Wissen, wenn die Trogtäler, die
Lawinen und Gletscher, die Föhnwinde, die alpinen Gesträuche und die
Sennwirtschaft in die Beschreibung der Alpen hineingesetzt, in ihr ent-
wickelt, miteinander in Verbindung gebracht werden, und wenn dann bei
der Beschreibung anderer Gebirge darauf verwiesen, die Begriffe in die
Erinnerung zurückgerufen und unter Umständen erweitert oder auch ab-
geändert werden, als wenn sie abstrakt in der allgemeinen Geographie ent-
wickelt und bei der Beschreibung der Alpen oder anderer Gebirge nur über-
nommen und konkreter ausgestaltet werden.‘ Auch diesen Sätzen können
wir bis zu einer gewissen Grenze zustimmen, ja die ganze methodische Durch-
führung der vorhergehenden Abschnitte ist eine Anweisung, wie man lebens-
frische Länderkunde treiben und dabei doch zielbewußt in die Gattungs-
begriffe der erdkundlichen Wissenschaft einführen kann. Es fragt sich nur,
ob diese Methode durch die ganze Schulzeit unverändert beibehalten werden
soll, und hier erst scheiden sich unsere Ansichten. Hettner gibt ohne weiteres
zu, daß die höchste Stufe der Darstellung immer die systematische ist,
„Aber eine ganz andere Frage ist es“ — so schließt er weiter —, „ob sie
schon für die Schule, auch in den oberen Klassen, die zweckmäßigste Form
ist; ja ich bezweifle sogar, ob sie für den Universitätsunterricht die allein-
seligmachende Form ist.‘ ‚Die methodische Darstellung stellt die Länder-
Oberstufe.