Das Gebäude der Universität in Jena.
Architekt: Prof. Dr. phil. h. c. Z7hecodor Fischer.
Von Dr. Gustav Keyssner.
Im Jahre 1858 beging die Universität Jena das Nachfolger seines alten Gegners, Karls V., ward ihr
Fest ihres dreihundertjährigen Bestehens mit der (15. August 1557) die kaiserliche Bestätigung zuteil,
Zinweihung eines neuen Bibliotheksgebäudes und die ihr die Rechte und Privilegien der älteren be-
nit der Enthüllung des ihrem Gründer, dem Kur- ühmten Universitäten verlieh, und im folgenden
Fürsten Johann Friedrich dem Großmütigen, ge- ebruar endlich wurde durch die Söhne des Stifters
widmeten Denkmals auf dem Marktplatz; 1908 feierte die nun als vollbürtig anerkannte Hochschule feier-
sie ihren 350. Geburtstag, indem sie selbst ein neues ich eröffnet, deren offizielles Bestehen seitdem vom
Heim bezog, dessen festlichster Raum, die Aula, ahre 1558 ab datiert.
wiederum geschmückt ist mit dem Bilde Johann Etwas von dem Geiste protestierenden Bekenner-
rriedrichs. Mit berechtigtem Stolz darf die alte mutes und unerschrockener Freiheitsliebe ist von
Thüringer Hochschule die Erinnerung an ihre ihrer Gründung her durch die vierthalb Jahrhunderte
Gründung und ihren Stifter pflegen und an ihren der thüringischen Hochschule treu geblieben, hat
lubeltagen so feierlich erneuern: denn eine Tat ihre Schicksale mitbestimmt und ihr eine besondere
Altes Schloß in Jena. Gesamtansicht.
großgemuten Sinnes war es, die der Wettiner voll-
brachte, indem ‚er, soeben der kurfürstlichen Würde
und der Hälfte seines Landes beraubt, beschloß,
zum Ersatz für das ihm verloren gegangene Witten-
berg eine neue Universität zu errichten, die gleich
jener ein Hort der lutherischen Lehre werden sollte.
1547 hatte er den Entschluß gefaßt, als er nach der
Schlacht bei Mühlberg als Gefangener durch Jena
kam, wohin in den letzten Jahrzehnten zweimal die
Lehrer und Studenten aus dem von schwerer Seuche
1eimgesuchten Wittenberg ‚geflohen waren. — 1548
wurde die neue Hochschule, noch .in sehr be-
scheidenem Maßstab, eröffnet; am 24 September 1552
arhielt sie den Besuch ihres aus der Gefangenschaft
zurückgekehrten Fundators, aber erst nach dem Tod
{ohann Friedrichs des Großmütigen und von dem
Physiognomie gegeben. Jena ist immer unter den
leutschen Universitäten eine der meistgenannten,
»opulärsten gewesen, und die Jahrzehnte Karl Augusts
ind Goethes gaben ihr eine Blüte, deren Nachglanz
ı1och heute auf ihr ruht und aus den winkligen
jassen, von den schlichten Häusern der alten Stadt
ıns ganz deutlich und greifbar entgegenleuchtet in
ıll. den Gedenktafeln, von denen so viele mit un-
‚ergänglichen Namen geschmückt sind. Diese Tafeln
ind zugleich ein ‚beredtes Sinnbild, wie eng
Jniversität und Stadt von jeher zusammengehörten,
ich wechselseitig in ihrer Eigenart ausbilden und
»estehen halfen. „Was Jena ist, ist es durch seine
Jniversität. Keine andere Stadt kann das von sich
sagen“ — mit diesen Worten beginnt ein Buch, das
n anschaulichen Kulturbildern die Geschicke der