Blick vom Turm der Universität auf die Stadt (während des Baues).
Pracht nach außen und Knauserei im Innern ver-
meiden wollte; und Einfachheit verlangte auch der
zyanze Baucharakter der Altstadt in seiner oft bei-
1ahe rührenden Schlichtheit, die doch gar manche
>traßenbilder: von intimem malerischem Reiz birgt.
50 galt es auch auf malerisch - vielfältige Er-
scheinung den Neubau anzulegen, wenn er mit
der Umgebung harmonieren sollte; und wieder
war hier mit der Pflicht der Pietät zugleich eine
nraktische Forderung erfüllt. Waren doch gar viele
ınd sehr verschiedenartige Räumlichkeiten unter
das Dach der neuen Universtät zu bringen, eine
Aula und ein Archäologisches Museum (ursprüng-
lich sollten noch mehrere andere Sammlungen ein-
zegliedert werden), Auditorien in verschiedener
Größe, Seminarien mit ihren Handbibliotheken,
Amtszimmer und. Verwaltungsräume, kleine Dienst-
wohnungen usw.
„Die Vielgliedrigkeit und Weitläufigkeit, die dem
neuen Gebäude durch die Befolgung dieser Programm-
aunkte eigen sein mußte, hieß es nun im Bau selbst
nicht zu vertuschen und zu bemänteln, sondern offen
ainzugestehen und aufzuzeigen. Es ist ja ein wichtiges
Prinzip der modernen Architektur, die darin wieder
der Baukunst der besten Zeiten der Vergangenheit
Jegegnet, daß man vom Äußeren eines Werkes
gleichsam seinen Grundriß ablesen könne, daß die
Gestaltung der Fassaden die Innengestaltung nicht
verheimliche, sondern so deutlich erkennen lasse,
wie es mit dem selbstverständlich nicht aufgegebenen
Tauptgesetz der künstlerischen Einheit des Ganzen
n Einklang zu bringen ist.“*)
All diese Grundzüge, wie sie sich dem Architekten
ıus der umsichtigen Erfassung und dem logischen
Jurchdenken seiner Aufgabe darboten, kommen
chon in dem Wettbewerb-Entwurf so klar und über-
'‚eugend zum Ausdruck, daß die Jury ihn als den
velungensten unter den eingelaufenen Arbeiten an-
rkannte und zur Ausführung empfahl. Aber dies
ırste Projekt hat noch große Wandlungen durch-
‚emacht, bis es zu dem Werk heranreifte, das heute
ror uns steht. So wenig bindend für die Einzel-
ıeiten Fischer selbst die erste Fassung betrachten
nochte, so ist doch ein Vergleich zwischen dem
intwurf für den Wettbewerb und dem für die
lefinitive Bauausführung in mancher Hinsicht lehrreich
senug.. Äußere und innere Gründe wirkten bei der
Jmgestaltung mit: so zwang zunächst die Ungewißheit
iber die Höhe der Bausumme zur Ausscheidung
nancher Nebenzwecke, die im Universitätsneubau
ıatten mitberücksichtigt werden sollen (es mußten
.B.Räume für ein Germanisches, ein Ethnographisches
ınd ein Städtisches Museum, die ursprünglich vor-
resehen waren, wieder ausgeschaltet werden). Ferner
nußte die Höhe mehrerer Bauteile reduziert, z. B. im
Nordflügel auf den vollen Ausbau der drei Stock-
*) Max Osborn in dem hübschen, zur Einweihung er-
chienenen Heftchen: „Die neue Universität zu Jena. Erbaut
‚on Theodor Fischer. Mit Einführung von M. O.“ (Jena,
Diederichs, 1908) S. 3 f£.