Full text: Öffentliche Bauten

Zinheit an, so zerfällt sie in 21 Einheiten. Die Mitte 
jezeichnen (eingerahmt durch Dachrinnen, die, sonst 
30 gern als parties honteuses behandelt, hier vor- 
züglich als gliedernde Vertikalen zur Geltung kommen) 
das Fensterpaar unter dem Kurfürstenrelief und je 
zwei Fensterpaare, die es rechts und links flankieren. 
So ergibt sich eine Gliederung von 8 + 5 + 8 Ein- 
heiten, d. h. die Fassade ist zweimal, je von einem 
Ende her, nach dem goldnen Schnitt geteilt. Die 
Teilung von links (der Westecke) her angenommen, 
bildet das Portal den Abschluß des kleineren, 8 Ein- 
heiten umfassenden Abschnittes; das größere, 13 Ein- 
heiten messende, setzt sich (im Erdgeschoß) aus den 
3 Breiten, hinter denen das Vestibül, und den 8, 
ıinter denen Auditorien liegen, zusammen, ist also 
wiederum nach dem goldnen Schnitt geteilt. — Wenn 
wir übrigens vorhin die Breite eines Fensterpaares 
m Obergeschoß als Einheit annahmen, so wurde 
Jabei außer Acht gelassen, daß diese Fenster nicht 
völlig gleichmäßig durch die ganze Front gehen; 
ei den beiden äußeren rechts ist der Fenstersturz 
niedriger, bei denen über dem Portal die Fenster- 
sank durch das Vordach in die Höhe geschoben; 
und statt daß nun zwischen diesen abweichenden 
Bildungen noch vier, der übrigen Reihe genau 
antsprechende Fensterpaare sich fänden, sind an 
Stelle des zweiten und dritten je ein einzelnes 
Fenster getreten, diese aber nahe aneinander- 
yerückt, so daß hier eine ganz unsymmetrische 
Reihung entsteht, in der sich doch wiederum ein 
Nachklingen des Rhythmus vom goldnen Schnitt 
nachweisen ließe. 
Streng symmetrisch durchgebildet ist also an 
der Nordfassade nur das Dachgeschoß, wo auch die 
in gleichen Entfernungen von der Mitte aus an der 
Mauer hervortretenden Statuen der vier Fakultäten 
ıoch die symmetrische Anordnung betonen, die 
doch wieder dadurch aller Starrheit beraubt wird, 
daß das die Mitte betonende Bauglied, der türmchen- 
artige Giebel mit dem Relief, viel schmaler ist als 
die anderen Giebel und daß außerdem der über 
dem Dachfirst mächtig aufragende Turm den Blick 
twas auf die Seite lenkt. 
So ist die Aufgabe gelöst, an einer nach beiden 
Dimensionen mächtig ausgedehnten Fassade die 
Mauer als Fläche zu wahren, wodurch die be- 
deutenden Abmessungen in ihrer ganzen Größe 
wirken können, und doch diese riesige Fläche durch 
ireie, rhythmische Gliederung lebendig und aus- 
Irucksvoll zu machen. Und wenn zu dieser glück- 
lichen Lösung nicht wenig das Festhalten an dem 
Grundsatz, von innen herauszubauen, beitrug, so 
führte es weiter, bei der Ausbildung der zweiten, 
als Schau-Seite in Betracht kommenden Fassade, der 
des Ostflügels, dazu, diese in überaus wirksamem 
Gegensatz zu der anderen zu gestalten. Was der 
Ostflügel an Lehrräumen enthält, ist nach dem Hofe 
zu gelegt, an der Straßenseite hin ziehen sich die 
Verbindungsgänge zwischen dem Nordflügel und 
dem Archäologischen Museum. Diese Gänge werden 
ı1ach außen bezeichnet im oberen Stockwerk durch 
eun breite Bogenfenster, die, nur durch die breiten 
feiler getrennt, diesem Mitteltrakt arkadenartigen 
"harakter geben. Im Kontrast wieder zu dieser 
‚uflösung der Mauerfläche im oberen Geschoß 
yirkt die des unteren wieder sehr geschlossen und 
nassig durch die relativ kleinen, hochangebrachten 
’enster; und desto reicher erscheint nun wieder auf 
:jesem ruhigen Grund das Portal, das zum Archäo- 
gischen Museum führt, unter den zwei südlichsten 
‚ogenfenstern des Obergeschosses. Mächtig streben 
u beiden Seiten des niedrigeren Mitteltraktes die beiden 
j@iebel empor, welche die Schmalseiten des Nord- 
ınd des Südostflügels krönen und so diese beiden 
'aukörper gleichsam in ihrer Eigenexistenz betonen. 
such hier nur ein Gleichgewicht der Massen, nicht 
ymmetrie im Einzelnen: aus der (nach rechts ab- 
chließenden) Giebelwand des Nordflügels springt 
rkerartig ein Treppenhaus mit Ausgang nach der 
;traße vor, im übrigen weist sie nur ganz wenige 
’enster auf; desto reicher an Fenstern, die aber auch 
ıler wieder ganz frei angeordnet sind, ist die Giebel- 
yand des Südostflügels, d. h. des Archäologischen 
Auseums. Die drei breiten Bogenfenster im Hoch- 
yarterre, links vom Portal, geben dem einen der drei 
Jebenräume Licht, die sich um den großen Haupt- 
aal des Archäologischen Museums lagern. Eine 
Aauer mit breiter Durchfahrt und schmälerem Tor 
ür Fußgänger verbindet hier den Universitätsbau 
nit dem ihm angegliederten Landwirtschaftlichen In- 
titut, einem sehr stattlichen Altjenaer Haus, darin 
inst der alte Kirchenrat Griesbach seine behagliche 
Vohnung und ein großes Auditorium hatte, in dem 
uch Schiller sein Kolleg las, als das Auditorium 
eines Freundes Reinhold sich für die Menge der 
[örer als zu eng erwies. — Ein hübscher, für das 
Ilte Jena so recht charakteristischer Blick eröffnet 
ich über diese niedere Verbindungsmauer hinweg 
ıach dem hohen, schlanken Turm der Stadtkirche 
nit seinen zierlichen, die Haube umgebenden 
jiebeln; es ist wie ein Hinweis auf die lokale 
3Zauart, der zugleich, besser als eine Analyse in 
Worten, darüber belehrt, wie der Architekt des 
‚euen Universitätshauses seine Stellung zum örtlich 
vegebenen Stil auffaßt, wie er diesen benutzt und 
ortbildet. 
Die Südseite des Archäologischen Museums, mit 
‚orgelagertem, eingeschossigen Flügel geht nach 
‘bgeschlossenen Hofräumlichkeiten; seine Westwand, 
n mächtiger, fast ganz fensterloser Fläche mit einem 
ıohen, von dem Bilde der ephesischen Diana ge- 
‚rönten Giebel aufragend, steht in einem rechten 
Winkel zur Südfassade der den kleineren Hof um- 
rebenden Trakte, die, ebenso wie die Westfassade 
ranz einfach gehalten ist; doch erhält sie einen 
‚ornehmen Schmuck durch zwei hohe Giebelauf- 
‚auten, die gekrönt sind mit je einer liegenden 
zgur, eines Jünglings und eines Mädchens, von 
udwig Habich in Stuttgart.
	        
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