Full text: Öffentliche Bauten

an 
zur Geltung. Hier ist der Vorraum, in den man 
durch das schöne, schon geschilderte Portal gelangt, 
„och viel einfacher gehalten. Der farbige Kontrast 
der Bodenfliesen und der Kachelbekleidung der Wände 
(wo jetzt die einsame Uhr über dem Treppenansatz 
sich lang weilt, sollte doch wohl, auf das Museum vor- 
bereitend, ein Relief Platz finden!) und die Stuck- 
dekoration der Decke mit dem Motiv der.frei her- 
yortretenden Traube, die gleichzeitig an das Stadt- 
wappen des einst durch Weinbau (!) bekannten Jena 
ınd an den antiken Dionysoskult erinnert — das ist 
der einzige Schmuck des Vorraums, den übrigens 
auch Durchblicke und Nischen anheimelnd machen. 
Dann aber erfüllt uns der große Hauptsaal des 
Archäologischen Museums ganz mit dem beglücken- 
jen Gefühl großgegliederter Weiträumigkeit. Nicht 
von so beträchtlicher Höhenentwicklung wie die Aula, 
erhält er den Charakter mächtiger, ruhevoll gebrei- 
eter Lagerung durch die vier weit gespannten Bogen, 
auf denen die flache, weißgestrichene Balkendecke 
ijegt. Schöner Lichteinfall aus den in der Höhe der 
Seitenwände zwischen den Bogen angebrachten 
zenstern und kräftig-einfache Farbenharmonie steigern, 
in Verbindung mit der geschmackvollen, frei sym- 
netrischen . Aufstellung der Gipsabgüsse, den Ge- 
samteindruck zu etwas schlechthin Vollkommenen. 
Die Wände sind mattgelb gestrichen, ebenso die 
senkrechten Flächen der Bogen, deren breite Gurten 
Jazu im warmen Rot des Sandsteins kontrastieren, 
wie auch die großen, in die anderen Räume der 
Sammlung führenden Türen breite Sandsteinfassung 
‘4aben. Der Boden ist mit schwarzrot gemusterten, 
weißgefugten Fliesen ausgelegt, die Fenster haben 
goldgelbe Ziehvorhänge. Das alles zusammen gibt 
sine tiefgesättigte, rein und kräftig ineinanderklingende 
Farbenharmonie, deren Wärme das tote Weiß der 
Abgüsse nicht minder erträglich macht, wie das hohe 
Seitenlicht ihre Formen weich und doch bis in jedes 
Detail modelliert. Würdig gliedern sich diesem im- 
sosanten Raumgebilde (zu dem die Kohleskizze des 
Wettbewerbentwurfs eine interessante Vorstufe auf- 
weist) die an beiden Langseiten und der vorderen 
Schmalseite gelagerten Nebensäle an, niedriger und 
kleiner, aber mit ihren hohen Fenstern in dem satten, 
ruhigen Anstrich der Wände die Stimmung des 
Yauptsaales weiter leitend. — Sollte übrigens nicht 
an einer Wand eben dieses Saales sich ein geeigneter 
Raum finden für Ferdinand Hodlers großes Bild, 
den „Auszug Jenaischer Studenten in den Befreiungs- 
<rieg 1813«? Jetzt füllt es, unmittelbar auf dem 
"ußboden aufstehend, die Endwand jenes großen 
Korridors im oberen Stock des Ostflügels, der sich 
hinter den großen Bogenfenstern der Fassade am 
“öbder-Graben hinzieht. Man hat jetzt das Gefühl, 
direkt in das Bild hineinlaufen zu müssen, das’ denn 
auch hinter einer sich unangenehm bemerkbar 
machenden Verglasung sich gegen rauhe Zusammen- 
stöße mit der umgebenden Realität der Dinge schützen 
muß. Der Stil des freskoartig in kühner Verein- 
jachung der Formen und derbem Farbauftrag ge- 
„alten Werkes scheint mir einerseits ebenso unge- 
‚jignet dafür, daß die Passanten im Korridor und auf 
ler unmittelbar in seiner Nähe mündenden Treppe 
s so im Vorübergehen und „auf gleichem Fuß“ 
etrachten, wie er es harmonisch den einfach großen 
‘chöpfungen der antiken Plastik einfügen würde. 
Den beiden repräsentativen Räumen, der Aula 
nd dem Archäologischen Museum, sei noch ein 
'ritter, wieder völlig anders gearteter angeschlossen: 
las Sitzungszimmer des Senats. Im ersten Ober- 
reschoß des Nordflügels gelegen, bildet es dessen 
Jordwestecke, ein ziemlich langgezogener, nicht 
ranz rechteckiger Raum, der von einer Lang- und 
iner Schmalseite Licht erhält, während die andere 
chmalseite von einer Türe, die andere Langseite 
‚on zwei Türen durchbrochen ist. Bei der Bedeu- 
ung des Senats für die ganze Organisation der 
Jniversität verdiente ‚dieser Saal einen besonderen 
‚uszeichnenden Akzent, und ‚er erhielt ihn durch 
ine farbenprächtige, festlich heitere und doch monu- 
nentale Komposition Ludwig v. Hofmanns, die sich 
iber die ganze, der westlichen Fensterwand gegen- 
iberliegende Längswand hinzieht. Die Schwarzweiß- 
Zeproduktionen des ausgeführten Bildes und die 
arbige Wiedergabe des Pastell-Entwurfs, die unserem 
Jeft beigegeben sind, machen eine Schilderung im 
"inzelnen überflüssig; wie schön und ruhig die freie 
\rchitektonik in der Gruppierung, das intensive 
arbige Leben der durch schmale Goldleisten drei- 
reteilten Komposition sich in den Raum einfügt, ohne 
liesen. zu drücken oder zu zersprengen, das kann 
nan ganz nur würdigen, wenn man in dem: Saal 
elbst steht, den der Architekt, in kluger Zurück- 
1altung, seinerseits nur mit dunkler Vertäfelung und 
nit reizvoll bewegter, origineller Stuckdekoration der 
Decke schmückte, die im übrigen so angeordnet ist, 
laß sie hohlkehlenartig herabgezogen die lange Reihe 
:on Glühlampen verbirgt, die abends. dies . Bild mit 
jner Fülle warmen Lichts überströmen. Nun bedarf 
jur noch die dem „Musenreigen“ gegenüberliegende 
Wand ähnlich gearteten bildlichen Schmuckes, der an 
len Fensterpfeilern anzubringen wäre, als eines not- 
vendigen Gegengewichts in der architektonischen 
Zalanzierung des Raumes. Vielleicht füllt auch diese 
‚ücke noch der edle Sinn freigebiger Kunstfreunde, 
Jjem die Universität schon so viele Zierden ihres 
1euen Hauses verdankt! 
Wir sehen: den festlichen und repräsentativen 
nnenräumen fehlt jeder äußerliche Prunk, alle kalte, 
‚osierende Feierlichkeit. Aber ebenso ist in den 
zäumen, die der wissenschaftlichen Arbeit oder der 
/erwaltungstätigkeit der Universitätsbeamten oder 
uch nur dem verbindenden Verkehr innerhalb des 
sroßen Baukomplexes zu dienen haben, nichts von 
veschäftsmäßiger Kühle, von liebloser Gleichgültig- 
zeit. Die Bureaus sind freundliche Schreibstuben, 
vie man sie gern wieder mit dem guten alten 
Jeutschen Namen nennt; solche, die nicht nur
	        
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