2275 WASE
das wort besonders in forstwissenschaftlichen werken ge-
braucht: zu ersparung des holtzes bey dem rösten, werden
auch viele wasen oder wellen gebraucht, womit man
schwach und starck feuer machen kan SCHLÜTER von
hüttewerken (1738) 153; kopfweiden, welche alle fünf, sechs
bis acht jahre zu wasen abgeköpfet werden STAHL forst-
fisch- u. jagdlex. 2 (1778) 755; das reiserholz aber soll in
bünde, faschinen, wasen oder wellen, oder in haufen von
bestimmtem maasz gelegt, und so verkauft werden HaAR-
TIG allgem. forst- u. jagdordnung 40; auch über die di-
mensionen der wellen (büschel, waasen) wurden be-
stimmungen erlassen SCHWAPPACH handb. d. forst- u.
jagdgesch. 1, 467; man ... feuert auf den rosten mit wasen,
„. reisig (in den kalköfen) MUSPRATT chemie 2, 284.
2) technische verwendung der wasen: ‘die dornbündel
in den leckwerken‘ (gradirwerken) CAMPE; im bauwesen
‘faschine, faschinenlage’ MOTHES baulex.? 4, 337%; die wase,
waase, ein bündel reiszholz (im bauwesen, in der be-
festigungskunst), fagot v. HOYER u. KREUTER technol. wb.®
1, 8332. besonders beim wasserbau: ‘bündel, reiser, faschine,
welche vor dem wasserdamm eingepflöckt wird’ brem., wb.
5, 201; wasen, an einigen orten was buschbünde, sonst
auch faschinen BENZLER deich u. wasserbau 2, 260 (ebenda
wasemen); se wolden de steynweghe unde de bruggen
laten welven unde oversetten myt ydelen Lutterschen
hauwen steynen. over... do hadden se neyn gelt, unde
makeden de steynwege unde de demme myt wasen,
dreck unde erde städtechr. 16, 368, 4 (Braunschweig 1488);
da begann man zwischen verankerten schuten busch-
wasen (flechtwerk) wagerecht auszubreiten, mit groszen
steinen zu beschweren und ... in die tiefe zu versenken
LINDE die Niederelbe 64. in dieser verwendung ist aber
das abgeleitete waseke, wasche häufiger: waask brem. wb.
5, 201; wasecken, waschen, würste, beim deichbau ein
in der dicke einer faschiene 20, 30, 40 bis 50 fusz langes
mit weiden oder andern bändern gebundenes busch-
oder reiszwerk JACOBSSON 4, 597°; faschinen, wasecken
oder wasen ist einerley und bedeuten diejenigen aus
busch zusammengebundenen würste, womit die busch-
lagen der stockwerke verbunden werden BENZLER deich-
und wasserbau 1, 147; waschen 2, 259; waseke, wasche
‘faschine, faschinenlage’ MOTHES baulex.3 4, 337%, vgl. senk-
wasche %h. 10, I, 598 (bei JACOBSSON 7, 338* senkwasen).
8) ein kranz von ausgestopftem tuch, der auf den kopf
gelegt wird, wenn schwere lasten getragen werden SCHÜTZE
t, 342: unter den kronen ist die ältist und auf helmen
die allergebräuchlichste die tortilis, so man füglicher
ginen krantz nennen möchte und den wasen oder wül-
sten, welche hierzulande das weibervolck im tragen
auff den köpffen unter die last leget, gantz ähnlich
siehet BÜssINnG einleitung zu der heroldskunst (Ham-
burg 1694) b2%, meist in der erweiterten form: waseke
fem.) RICHEY 334, SCHÜTZE a. a. 0.; Waask brem. wb.
5, 202; (der mit federn gefütterte, buntfarbige) wulst, der
wasch, mit dessen hilfe von den Bardowieckerinnen noch
heute die lasten auf dem kopf getragen werden E. KÜcKk
das alte bauernleben d. Lüneburger heide 85 anm. (in
rheinischen dialekten heiszt dieser tragring wisch MARTIN-
LIENHART 2, 874®*, in Köln wösch Hönıc? 204%). in Dith
marschen kommt für ‘kopfwulst’ wrasen vor brem. wb.
5, 422, was vielleicht auch zu wase zu stellen ist (vgl.
wrasen ‘dunst' neben wasen); MENnSING im nd. korre-
spondenzbl. 33, 23 stellt es dagegen zu ags. wräsen ‘band,
fessel’ (dessen & auf ai zurückführt) und weiter wridan
‘drehen’.
4) nfries. wäsh, f. ist ‘besonders die aus binsen ge-
flochtene wulst, die ein angeschirrtes pferd um den hals
hatte’ JOHANSEN 17.
5) in ganz ähnlichen bedeutungen erscheint das wort
auch im englischen und nordischen: engl. wase ‘bündel
von hew oder stroh, tragwulst aus stroh oder tuch, stroh-
kranz um den hals eines ochsen’ u. a. WRIGHT 6, 391,
dän. vase, vaase ‘reisigbündel, faschine, strohseil', norw.
vase ‘reisigbündel, faschine’, schwed, vase ‘faschine, haufe
von stroh oder heu, beim fischfang verwendeter laubbüschel
FALK-TORP 2, 429. dazu wol mengl. wase ‘stupa’ STRAT-
MANN-BRADLEY 671, mndl. (bei KILIAN 654 als alt) wase
Tax’. die grundvorstellung ist ‘zusammenbinden, wer-
WASEN 1, 1.2 2276
wickeln’, anord. vasask ‘sich einwickeln, einmischen’ FRITZ-
NER 38, 8%, norw.-schwed. dial. vasa ‘verwickeln’ Tor bei
FICK 8%, 404. NOREEN urgerm. lautlehre 180 nimmt zu-
zammenhang mit lat. fascis bündel’ (f- aus ghv-) an.
WASEN, m. rasenstück, rasenfläche.
I. verbreitung, herkunft, formen.
1) das wort ahd. waso mhd. wase hat sich in der nhd.
schriftsprache nicht völlig eingebürgert, wenn es auch in
ler litteratur bis zur neuzeit auftritt und von fast allen
wörterbüchern (allerdings meist nur in der bedeutung
rasenstück’) angeführt wird; nach AÄDELUNG ist es im
vd. gebräuchlicher als im hd. seine heimat ist auszer
Vberdeutschland (STALDER 2, 4386. MARTIN-LIENHART 2,
362, SCHMELLER 2, 1017. SCHÖPF 803. LEXER 251) auch
Rhein- und Mittelfranken (wasen FOLLMANN 532. VIL-
MAR 442, sonst wasem s. u. 3); in Thüringen und Ober-
vachsen bieten es ältere quellen und die jetzigen mund-
wrten nicht (doch bei DÖRING 2, 87 wäsn ‘kurzer rasen’
ıls veraltet aus Sondershausen), die schlesischen dichter
des 17. jahrh. verwenden es. auch dem nd. ist das wort
nicht fremd: wase SCHILLER-LÜBBEN 5, 610, ‘erdscholle
nit dem kraute’ SCHÜTZE 4, 342, auch mndl. wase (als f.)
VERDAM 679; doch gewöhnlich nd. wrase, ‘rasen’, da-
ıeben sode, torf. in der nhd. litteratur erscheint das wort
uicht bei LUTHER, wol aber häufig bei Süddeutschen im
6. jahrh.; im 17. gebrauchen es u. a. WECKHERLIN, BALDE,
\YRER, HARSDÖRFFER, S. V. BIRKEN, ABR. A S. CLARA,
ZINKGREF, GRIMMELSHAUSEN, SPEE, OPITZ, SCHERFFER,
zuch AnrT. ULR. v. BRAUNSCHWEIG; im 18. weicht es vor
lem aus dem nd. vordringenden rasen (das um 1700 in
len wörterbüchern erscheint) zurück, doch hat WIELAND
une vorliebe für das wort, das auch bei dem Pfälzer
fR. MÜLLER, dem Nassauer JUNG STILLING, dem Kölner
LINDENBORN (Diogenes 1, 192) vorkommt, HÖLTY hat es
unter dem einflusz der älteren dichtung; im 19. ist es
zuch in der dichtersprache ungewöhnlich, obgleich es
AUCKERT und selbst der Norddeutsche W. MÜLLER wer-
wendet; in prosa kommt es noch auszer dem technischen
gebrauch (II, 1 am ende. 2. 7, g. h.) gelegentlich bei Schweizern,
Schwaben (MÖRIKE, VISCHER) und Österreichern (ANZEN-
3RUBER, ROSEGGER) vor. — aus dem fränk. ist das wort
ms franz. als gazon, aus dem bair.-öst, ins südslav. (slov.
ala MIKLOSICH 376) gedrungen.
2) das auf das deutsche beschränkte wort führt auf den
7rundbegriff des feuchtseins (vgl. bei ISIıDOR rdhwaso
feuchte erdmasse’); auszerhalb des germ. gehört hierher
‚ett. wasa “Feuchtigkeit des bodens’, i-wasa “Feuchtigkeit in
ler erde, saft in bäumen’ Fıck 8%, 404. 0b ein weiterer
zusammenhang mit der in wasser steckenden wurzel besteht,
ist unsicher. im germ. gehört dazu ahd. wasal “feuchte
wdmasse’, dat. pl. wasulun ‘pluviis’, afrıes. mnd. mndl.
‘noch bei KILIAN 654® als fland. holl.) wase, f., vläm. waze
DE Bo 1185 ‘schlamm, kot', mnd. mndl. wasem ‘dampf,
lunst' (s. das zweite wasen); ferner mit ablaut mnd. wös
schaum, absud, brühe’, ags. wös “feuchtigkeit, brühe, saft',
gl. ooze “Feuchtigkeit, schlamm’, norw. schwed. os ‘dampf,
lunst, pflanzensaft’ und (aus *wesa-?, doch nach FRANCK
6. wb.® 770 mit wase ‘schlamm’ identisch) ndl.waas ‘dampf,
Zunst’', wfries. waes DIJKSTRA 8, 399. das verhältnis von
wase zu dem gleichbedeutenden mnd. wrase, das als rasen
ın die schriftsprache drang (nnd. auch frasen), ist zweifel-
haft. früher wurde meist identität angenommen (so noch
NOREEN urgerm. lautlehre 221), wofür spricht, dasz die
“ormen sich geographisch ungefähr ergänzen, aber die ent-
ehung von Ww- aus Wr- läszt sich nicht begründen, auch
vird der anlaut w- durch die etymologisch nahestehenden
formen als alt erwiesen. es wird daher neben der indogerm.
wurzel *vas eine gleichbedeutende wurzel *yras anzunehmen
ein, für die ir. frass (aus *vrasta) ‘regen’ und weiter
ekr. varsati ‘regnet’, varsä- ‘regen’ spricht FıcK 3%, 417.
zuch neben wasen ‘dampf’ kommt wrasen vor, das zwar
vicht in frühen quellen belegt ist, aber doch alt sein
ctann, vgl. ferner ofries. wrössem ‘schaum vor dem munde’
und nd. wrosen ‘den saft aus den kräutern drücken’ brem,
vb. 5, 301. zu erwägen ist aber auch, ob nicht wrase durch
'rgendwelche lautliche analogiebildung für wase eingetreten
st, vgl. ags. wrixl ‘wechsel’, wreccean ‘wecken’, dän.
vrimle ‘wimmeln’, nd. wraggeln ‘wackeln’ (angelehnt an