Full text: W - Wegzwitschern (13. Band)

239 WADDICKEKÄSE — WADE 
schwed. vassla (altschwed. vatli) molken, norw. vasle m. käselaab 
AASEN 903, dıe mil andrem suffix gebildet sind. 
das wort wird in den ökonomischen wörterbüchern des 18. jahrh. 
angeführt, so bei JABLONSKI 1315, ZINKE 3070, JACOBSSON 8, 124, 
auch bei NEMNICH 4, 1290. darnach hat ADELUNG waddick f. 
als *niederdeutsches provincialwort' aufgenommen, auch HEYNATZ 
2, 607 erwähnt es. schon vorher kommt es bei nd. schriftstellern 
oder solchen, die auf die nd. sprache rücksicht nehmen, vor: 
schotten, wie, wattichmolken, wassermolken, geronnen milch, 
rennmilch, serum lactis. FıscHarT onomast. 40; die wodicken 
oder buttermilch hat auch ihr eigen sulphur. TAURNEISSER 
magna alchymia (Berlin 1583) 1, 8; was dann übrig ist, (von der 
milch) heist käsewasser (molken, waddeke). Comenius sprachen- 
thür (1648) $ 416; die wadicke ist das erste theil der milch, 
serum Oder milchwasser genant. EisHoLz dieleticon d. %. newes 
tisch-buch (Cölln a. d. Spree 1682) 133; der geizige unter ihnen 
(den nach Holland gegangenen grasmähern) hat sich durch seine 
entsetzlichen arbeiten alle kräfte ausgepresset. bei seinem 
speck und brodte hat er die holländische waddicke eimer- 
weise eingeschlungen, und des nachts ist unter blauen himmel 
die heufime sein bette gewesen. Mösern palriot. phant. 1, 92. 
nicht ganz richtig wird das wort von IMMERWANN bestimmt: erst 
wenn diese sogenannte süsze, eigentlich aber entnervte milch 
eine zeitlang gestanden hat, besinnt sie sich wieder auf ihre 
verscherzte ursprünglichkeit, fährt in reue und schaam zu 
len klaren molken und dem gehaltvollen schlipper auseinander, 
den die leute in Niedersachsen auch wohl waddicke nennen. 
Münchh.? 1,7. die waddicke gilt als eine schlechte nahrung, 
daher waddicke und wedage, hunger und kummer: nichts als 
waddik unde wedage van sinem leben hebben, WANDER 4, 1722; 
he°süt ut as waddik und wedage, er sicht sehr kränklich aus. 
DÄHNERT 534; 
du hest melk un gemack; man ik wehdage bi waddik! 
Voss idyll. 7,8. 
WADDICKEKÄSE, m. quarkkäse, aus süszer milch bereitet. 
‚ACOBSSON 8, 124. 
WADE, f. sura. 
1. formen und herkunfl. wade kommt in der älteren sprache 
aur als masc. vor, ahd, wado GrRafrF 1,769, and. watha STEIN- 
MEYER-SIEVERS gl. 2, 716, 43. uuszerhalb des deutschen entspricht 
ınord. vödvi m. FRITZNER 3, 983, norw. vodve AÄASEN 941 muskel- 
fleisch, dickes fleisch. dies ist jedenfalls die ursprüngliche be- 
deutung, die im deutschen auf ‘dickes fleisch am schienbein’ ein- 
geschränkt erscheint, ahd. wado musz laullich aus *wadwo ent- 
standen sein. mhd. wade läszt sich auch nur als masc. nachweisen. 
im älteren nhd. findet sich das wort auch zu wad verkürzt (sura, 
wade, wud DIEFENBACH gl. 568°) oder zu waden erweitert; das 
masc. ist durchaus das gewöhnliche, s. nachher die belege aus der 
Zimmerschen chronik, Dürer, PARACELSUS, TBURNEISSER, WÜRTZ 
von den wörterbüchern hat Dasypopius 237° auffallender weise 
schon das f.: sura, die wade am schenckel, dugegen MAALER 
480° der waden am schenckel, Junius 28° wadem (für waden), 
zuch ExMegLiuSs 1590 (nach DiEFENBACH gl. 568°) waden m, im 
17. jahrh. hat ScBoTTEL 1439 noch wade m. die meisien wörler- 
bücher haben damals nur die pluralform, so HENISCE 515, SCHÖNS- 
LEDER kk3°, KrÄäyer 1203 (schon als f.), DENTZLER 2, 340. 
RÄDLEIN 1024, Frisch d.-franz. wb. 415. offenbar ist bei diesem 
nur selten im sing. gebrauchten wort vom plur, aus das fem. 
yenus durchgedrungen. STIELER 2448 hal schon wade f., ebenso 
LuDwic und die späteren. das m., das ADELUNG als wad aus 
dem obd, kennt, kommt aber noch bei Boomer vor (s. u.), auch in 
der onomatologia medica hrsg. v. Huller (1756) 1282 heiszl es sura, 
ler waden. auch in jetzigen obd. mundarten findet es sich 
vgl. Strassburger studien 2,280, SEILER 307, SCHMELLER? 2,849 
(waden), LExER 249, auch süd/ränkisch LENZ vgl. wb. 75. im batr.- 
öst. ist aber wadel m. die gewöhnliche form ScHWELLER? 2, 849 
(auch umgelautet wädel), Schüpr 793, Hörer 3, 264, LORITZA 140, 
HöGEL 184, LEXER 249. SCHMELLER belegt wadel auch aus der 
älteren sprache, so aus voc. von 1419 und 1445 und einer Mün- 
chener hs.! wen ainem ain wadel wurd ahgeslagen, so mach 
es (euforbium) news flaisch und ainen ganczen wadel und 
ain gut hosenpain; fin einem handschrifllichen glossar bei DIEFEN- 
3ACH gl. 568° sura, wadl. 
Hl. gebrauch: 
nider halb des chnieraden an deme beine stant die waden. 
30 sich daz bein recche, daz iz niene stet sam ein stecche, 
genesis, fundyr, 2,15,27 
die waden an dem heine 
von dem vuog unz üf die büege, H.v.D. TörLın krone 24176, 
WADE 240 
ler herr wird dich schlahen mit einer bösen drüs an den 
knien und waden. 5 Mos. 28, 35; bey end des innern wadens. 
)öreR menschl. proportion A 5°; am hinteren theii desz wadens. 
[HURNEISSER von Probierung der harnen (1576) 80: der fusz soll 
‚. höher ligen dann der waden, und der waden höher dann 
das knie. WöRrRTtz practica der wundartznei (1612) 229; die adern 
m waden., PARAcELSUS chirurg. schriften (1618) 120B ; 
als sie die seide von dem kleinen fusze 
und weiszen waden umgewendet zogen, 
BODMER bei Pyra u, LAanGg 158 neudr,; 
Fyleus sohn, den Amfiklos, der wild anrannte, bemerkend, 
zuckt’' ihm entgegen die lanz in das obere bein, wo am dicksten 
strozt die wade des menschen von fleisch; es zerrisz ihm die 
sehnen 
rings das durchbohrende erz. Voss Ilias 16,315. 
wohlgebildete, volle waden werden un einem schönen manne gerühmt 
und gelten als ein zeichen von krafl: 
dar zuo was er über al 
wol geslihtet als ein zein, 
er häte ritterlichiu bein 
unde wolstände waden, 
niht ze cranc noch überladen, 
und daz sie heizent holn fuoz. K.Fızgcg Flore 6855; 
dazu gehören stärkre waden, 
das gute glücke wiegt gar schwer, 
StopPpPE Parnasz im Sdltler 2233; 
stracks schieiten ihro gnaden, 
als sie den schönen jJüngling sahn, 
nach seinen vollen waden. Höntr 4 Halm; 
sey lang von wuchs, beblecht, und voll von wade: 
das gibt verdienst! GOEKINGK 2, 207; 
Haman, nur die vernunft, die soll uns führen, 
ibr himmlisch klares angesicht, 
Ahasverus, hat auch dafür keine waden nicht. 
GöTtHgE 57,255 (2 ällere scenen u, ıd. jahrmarktsfest 
zu Plundersweilern); 
lie volle wade strutzte von rüstigkeit und mannskraft, 
Musäus volksmährchen 1 (1804), 124; er hat dünne waden, he 
has little thighs. LeDwic 2363; lummerige wadel, schloltriges, 
weiches, schluffes wadenfleisch. Hörıer krankheitsn. 173°; 
von faulkeit han ich groszen schaden, 
ein prochens bein, geschwollen waden. 
fastnachtsp. 565,10, 
in der volkssprache heiszt cs von einem, der dünne waden hal: 
er hat waden wie ein verheirateter sperling (in der parungs- 
zeit), WANDER 4,1723 (gegentheil; er hat waden wie ein ge- 
nästeter hahn u. dgl.). falsche waden: den mangel recht for- 
nirter waden ersetze mit einem futter in den strümpfen! 
Simpl. 2,311, 29 Kurz; 
und ob er gleich sehr viel von hochzeit spricht ... 
den kopf der wie ein espenwipfel zittert, 
dreimal des tags in kaltes wasser taucht 
und weitre hosen trägt und seine waden füttert. 
WIELAND 21,224 (Clelia 3.172); 
darum bedien‘ ich mich, wie mancher junge mann, 
seit vielen Jahren falscher waden. GÖTHE 12,127 (Faust 1). 
einen auf die waden klopfen, to clap one's thigh, Ludwic 2363; 
ich wölt das aller buoben waden 
verkeret waren für sich: 
sich stosset mancher jemerlich, 
das im die schinbain pluoten. iedersaal 3,450, 116; 
dö wären m6& dan zweinzic schar 
der gense, die dä giengen 
und in (den wolf) alsamet viengen 
ın büch, in siten und in waden. 
thierfabel bei Grimm Heinhart Fuchs 318, 745; 
öhne geferdt schnapt es (das hündlein) umbher und zwickt 
graf Jacoben in den ainen waden. Zimmersche chr. 4, 278, 32 ; 
der Pommer (hund) fuhr dem kleinen wicht 
voll edeln grimmes an die waden, 
PFEFFEL porlische versuche 2, 138; 
wie zukten ihre waden 
vor dieses bullen zahn! 
es schnalzten seine gnaden, 
und Joli pakte an, ScHILLER 1,208; 
verstand wie ein pudel die ohren spitzt, 
venn’s herz an festlicher tafel sitzt. 
zieb ihm nur ein knöchlein zu benagen, 
so wird er hoflich sich betragen, 
Joch willst du auch das knöchlein sparen, 
wird er dir in die waden fahren. Harvse 1,63, 
bis an die waden, auf die waden, über die waden wu. dgl. 
wird gern als bestimmung gegeben, wie weit elwas reicht: 
ie kristen gunden witen phaden:; 
si wuoten unz an die waden 
in dem bluotigen 86. Servatiua 2114; 
sie stond im blüt bis an die waden, 
N. ManvugL vom pabst 919 Bdachtold;
	        
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