931 WAHRLICH (adv.) II 3,
von diesem wahrlich “wirklich, wahrhaftig’ kommen auch die
formen des comparativs und superlalivs vor, namentlich in der
sprache der mysliker: si (die seele) ist werlicher in gote danne
si in ir selbes persöne si. mysliker 2, 496, 27 (meister ECKuART);
zot leüchtet in sy in allen dingen, krefftigklich und lauter-
‘ichen und warlich in der meisten finsternusz, und noch vyl
warlicher, dann in dem scheinenden liechte. TAuLEr predigen
(Basel 1521) 12°; wyle ich wärlicher hie ain burger bin, danne
der so hie geborn ist. WYLE franslat. 41, 10 (nr. I) Keller; disz
sind worlich unsere güter, unsere reichtüm, unsere besitzung.
was sint wörlicher richtüm weder die tugenden und die gnod.
begeren ir richtüm, so liebent die woren richtüm, spricht
Gregorius, KEısEeRsBERG bilgerscha fl (1510) A 2°; o du edle sele,
o du edie creatur, was gast du usz dir selber süchen, den
ler all zü mal und aller warlichest und blossest in dir ist,
and syd daz du bist teilhafftig götlicher natur, waz hast du
lann zü thon oder zü schaffen mit allen creaturen? TAUuLER
predigen (Basel 1521) 2°.
3) als beiheuerungswort hat wahrlich die gröszte ausdehnung
gewonnen und sich als solches auch in der neueren sprache, wenn
zuch beschränkt durch wahrhaftig (das jelzt in der gewöhnlichen
umgangssprache vorgezogen wird), erhalten. früher wird wahrlich
als nachdrückliche bekräftigung empfunden, vgl. die bestimmungen
der wörlerbücher, unten f die stelle aus dem decameron und: ob
das auch für ein schwur zu achten, wenn man sagt gewisz,
warrlich, in der warheit. MEnNGERING gewissens-recht (1653) 223.
jelzt ist es in der volkssprache vielfach zu ‘allerdings, freilich‘ ab-
geschwächt. in der schriftsprache behauptet es sich dagegen —
unler dem einflusz der bibelsprache — in seinem volleren wert.
auf die einwirkung der bibelsprache ist es wol auch zurückzuführen,
dasz wahrlich seit den siebziger jahren des 18. jahrh. wieder mehr
um sich greift (in der vorausgehenden zeit ist es — weniystiens in
der schönen literatur — nicht allzu häufig). vorzugsweise ist es
in der gehobenen sprache üblich.
;a) die glossare und wörlerbücher weisen vorwiegend auf diese
verwendung hin: werlich, vere, certe. voc; theut, (Nürnb. 1482)
mm 8°; warlich, vere, asserlive oder gewiszlich. ebenda nn’;
DIiEFENBACH gl. 115‘ cerle, werlich, warlich, 287° immo, wer-
lichen, werlich, 378“ nempe, werlich, 497‘ revera, werlich, war-
lich, warlichen, ‚wairlich, 612° vere, wairlich, 613° vero, war-
lich, fuorwar; wärlich, warlich, gewiszlich. ALBERUS dick. E 1°;
warlich, profeclo, equidem, cerle, sane, nae, DAasypovius 452°;
warlich, gentzlich war, in gantzer warheit, verissime, vere, pro-
fecto, reipsu, prorsus, cerle, nae, sane etc. MAALER 484° (mit rück-
sicht auf die ältere bedeutung); ae es ist warlich wol geredt,
recie sane. ebenda: eigentlich, gewiszlich, warlich, nemlich,
ordentlich, sicherlich, cerfe, equidem , nimirum , videlicet etc.
HexıscH 825, 64; gewiszlich, aigentlich, wahrlich, fürwahr, ohn
allen zweiffel, also heiffe mir gott, cerle, certo, profecto. 1603, 18;
warlich, warhafftig, in der. warheit, veramente. KRÄMER 1209;
warlich (adverbialiter pro asseveratione et quasi juramenlo ponilur),
nage, profeclo, sane, certe, omnino, amen. STIELER 2414; wahr-
lich, en verile, veritablement, vrayement. RÄDLEIN 1026; er ist
warlich ein frommer mann, he is verily, cerlainly, surely a godly
man. LuDwıGc 2369; warlich, nae, cerfe, enimvero, equidem, sane,
profeclo. Kırsca 2,380; sie irren warlich sehr, nae illi vehe-
menler erranlı STEINBACH 2, 940; warlich ein scharffsinnicher
mensch, aculus sane homo. ebenda; du bist warlich kranck,
profeclo acgrolas, ebenda ; ich bin warlich bestürtzt, sane pertur-
batus sum. ebenda; es wird warlich geschehen, cerle eveniel.
ebenda. ADELUNG kennt wahrlich nur als ‘eine gelinde betheue-
rungsformel für gewisz‘. ;
b) in der litteratur ist dies belheuernde wahrlich seit der mhd
zeit häufig zu finden:
dei löte vrageten in sare, wie gesippe im daz wip were,
er sprach : min swestir waerlichen, ich chan ir niht geswichen,
genesis 48, 10 Diemer;
des vroweten sich werliche
die engele in hiemilriche.
Trierer Silvester 120 Kraus;
mich jämert werlichen,
und hulfez iht, ich woldez clagen,
daz nu bi unseren tagen
selch vreude niemer werden mac.
HaRTM, v, AUE Iwein 48;
ich liez dä werlichen
umb die vrouwen gröz clagen, 4296;
ez ist werlichen gelogen
waz dich die brüdere hän gelärt.
liviänd, reimchrun, 6380 Meyer;
WAHRLICH (adv.) 11 3.
unser junger herre werlich ist
wiser denn wir alle sint,
HE. v. BöyErL Dyocletianus 617;
;y sprach: lieber herre min,
38 dunckt mich werlichen zit sin,
las ir mir etwas liebe erzöugent, 8475;
ains reinen guden wibes angesichte
und frauweliche zucht darbi
di sint werlich gut zu sehen.
Limburger chron, 37,15 Wyss;
daz dut mir werlichen alzu we, 45,7;
zwen pebest sind gewellet,
ler tiefel hät gesellet
werlich sich zuo dem einen.
Huco v. MonrtrorTt 5,197 Kummer;
genediger herr, es ist wärleich an unser schuld.
fastnachtsp, 122, 7;
ar hat im wärleich getan unrecht, 129,8;
heut hat er im erdacht
warlichen ainen frömbden list. 459,30;
du solt mir werlich wesen holt
und scholt gelauben an mich,
so mach ich reich und selig dich, 604,1;
ich hab wärlichen lebeniig gesehen
den herren mein. Erlauer spiele 3,1192 Kummer;
jann der hatt worlich dorecht glust
vän bie die leng zü leben lust,
Branrt narrensch. 43, 13;
sy wurdent worlich ietzund lachen, |
wen ich in kiechel hett gebachen,
Murnzgr scheilmenzunft 27,37 neudr.;
hett ich in umb ein gewissen standt
zeben tusent guldin lon:
3y hettens werlich nit gethon. 46,12;
herr gott, behiet vor gabelstich,
jetz müsz ich werlich weren mich.
; nurrenbeschw. 5,2 neudr.;
wann du des sattels nerest dich,
;o kanstu werlich me dann ich. 24,2;
wo die wyber kummendt zamen
30 muosz ich mich syn werlich schammen.
müle v, Schwindelsheim 1442;
das sind doch wärlich wild fasznachtbutzen,
die sich doch so gar seltsamlich mutzen.
N. ManuzL 106,83 Bdchtold;
das mag worlichen nit gesin.
GENGENBACH 6, 85 Gödeke;
in eren herzen
bringet freud und scherzen,
wer den megdlein gfallen wil,
der musz wärlich herzen vil, UHLAnD volksl, 124;
) könig, da thust werlich recht.
H. Sacus 16, 166, 31 Keller-Götze;
ich mag doch warlich ewer nit. ”
faustnachtsp. 4,66 Gölze;
bist abr ein mensch, so solt gedencken,
das du warlichen auch bist tödtlich. 44,147;
0 lieber nachtbawr, was thust sagen?
eim andern warlich glaubt ichs nicht. 49,45;
du machst mir worlich kläine freüd.
WıcKram 5,18 Bolte (10 alter 495);
ich hets euch warlich nit gerathen.
WaLDIs Esopus 4.39, 75 Kurz;
er hat dir werrlich grob gestreelt,
FıscHART dicht, 1,41 Kurz (nachtrab 1503);
der man .. sprach: o ewiger got, ist es umb die zeit umb
mich das ich graw bin, so ist es warlich zeit, das ich mich
yesser, PauLt schimpf u. ernst 191 Österley; gott ... ist aber
:in eifferer, er ist neidisch, kans die lenge nicht erdulden,
irümb schmeist er entlich drein und werlich grob. LurTBER
6, 470, 11 Weim, ausg. ; da gehört warlich eyn mut zu. 19, 195, 18;
ıch mus werlich hin ghen, meins hendwercks warten, 29,54,3;
ıs seind wärlichen in der selben zeit ‚. alle freie künst..
rolkomenlich und ganz am tag gewesen, AÄVvENTIN 1, 326, 36
Lexer; redılam hercle, du solt mirs werlich halten. ALBERUS
lich. uw 4°; es thüt dir warlichen nodt, das du wiszliche vor-
‚etrachtung hierinnen habest. WIcCKRAM 1,59, I (Galmy) Bolte;
nüsz ich jetz leyder von meinen güten freünden bericht
werden, welche dann warlich mehr achtung auff meinen son
dann du habend. 2, 26, 20 (knabensp.); welchs zwar eine grosse
3chatzung ist und werlich eines reichen fürsten bewtel wol
spülen solte, Kanrtzow chronik v. Pommern (letzte bearb.) 186
7äbel; (der (od) der warlichen baldt meinem trawren ein
ande geben wirdt. buch der liebe 257, 4; ier sind werlich ein
iner herr. Ta. PıLatTEn 28 Boos; ihr sagt warlich recht. Par-
‚ANDER 1, 327;
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