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WAHRNEHMEN I 2.
(1582), vorrede a4’; wer nun vollkommner abgescheidenheit
adel und trutz mercken will, der nehme Christi wort wahr,
‚. da er sagt: es ist euch nütz, dasz ich von euch gehe.
G. ARNOLD leben der gläubigen? (1732) 31;
geh in dich, nimm dein ende wahr!
wirst nicht noch einmal hundert jahr.
Mönıxe 1, 207 (der alte thurmhahn),.
y) auch auf etwas wahrnehmen kommt in diesem sinne vor:
ich vörcht, der endkrist sy nit wyt.
las man das merck, so näm man war
uff dry ding, unser gloub stat gar
uff applosz, bücher, nnd der ler,
der man yetz ganız keyns achtet mer.
BranrTt narrensch, 103, 94 ;
spricht der widerteyl, man söll uff syne werck warnemen
und nit uff den wandel. RıEeDrER spiegel der rhetoric 17°,
$) anknüpfung eines abhängigen fragesatzes:
och nam er war,
wie was geberde unde ir wort,
W, v. ESCHENBACH Parzival 33, 15;
3wer zühte hät, der ist ir gouch.
nemt war, wie gar unfuoge für sich dringe.
WaLTHER 24, 8;
wir hän wol genomen war
umb die sache wie si ht.}
Reinfrit v. Braunschweig 9820;
und die vil eben nemen war
zuo dem urbar,
waz man dämit bege,
Orroxkar österr, reimchron, 26842 Seemüller ;
bist du mit grober sünd der welt
bey dir und sünsten nit vermelt,
nimm war dabey woll wer du bist,
in mancher sünd di gaistlich ist.
hab acht auff aigen leib und eer
und wie dein grund in gott sich ker,
J, v, SCHWARTZENBERG 111°, 2;
wann tringken fast söll seyn ain kunst,
und bey den leüten machen gunst,
nem wir recht war was das bedeüt,
kain sünd macht ungeschickter leüt. 157, 1’;
2s sal auch yderman warenemen wen er herberge, und in
ziner husunge wole fursehen vor fuer legen und andere sachen.
Frankfurts reichscorrespondenz 1, 199 (1411) Janssen; edann sie
(die jünglinge) die frawen sachen, Pampinea mit lachendem
munde an hub und sprache: lieben frawen, nempt ware wie
sich dan gelüke schiket zü unserm anfang und in unser trüb-
sale uns hilflichen ze sein. decameron 12, 16 Keller; Maria
sein müter hatt disze wort allesammt gefasset und behalten
und sye hyn und här gerüttlet und gewägen in irem hertzen
und wargenomen, was sye uff inen getragen haben. KEISERS-
BERG poslill 1,22’; in allen yetz gesagten gütheyten, dye wir
andern beweysen, ist sonderlich war zü nemen, wesz einem
yegklichen allermeyst not sey. J. v. SCHWARTZENBERG Ciceros
officia (1531) 13°; ihr hättet warnehmen, oder in acht nehmen,
sollen, mit was für einem mann ihr redetet. LuDwIG 2369;
zum funfften soll man inn beschedigungen oder verletzungen
war nemen, ob die verdacht person auss neidt, feindtschafft,
vorgeender trou oder gewartung einichen nutz zu der ge-
dachten missethat ursach nehmen möcht. Carolina art. 25;
tzu dem andern soll er warnemen, ob yemant tauglich sey
undter den armen, andern zu dienen. EBERLIN v. GÜNZBURG
3,26 neudr.; nembt aber wahr, wann ihr nur einmahl das
gebet underlasset ... ob euch nicht ohne underlasz im sinne
ligen werde, ihr habt etwas vergessen? MoscHEROSCH ins.
sura par. 93 neudr.
€) absolut: lieber sun, nim war und lere wisheit bi mir
und sich, wie ich tü. KönıcskworEn, städiechron. 8, 493, 5. mit
reflexivem dativ- dan man findt oft ain alten kriegsinan, der
vil in kriegen ist gelegen, im vil war hat genumen, dem got
auch von natur ain gueten verstand hat geben, der nur ain
nuzlichen rat, wo er gefragt wird, künt geben. AvEnTIn werke
|, 249, 4.
g) in der myslischen und der sich anschlieszenden theologischen
literatur wird wahrnehmen auf die innere selbstbeobachtung des
menschen bezogen: wer nü wil vinden lieht und underscheit
aller wärheit, der warte und neme war dirre gebürte in im
und in dem grunde. mystiker 2, ı2, 32 (meister EckwART); der
geist macht lebendig, das ist ein innerlichs befinden der
rechten warheit. dz solt du gar fleissigklich warnemen in dir.
TAULER predigen (Basel 1521) 17°; nym deins herczen offt im
tag war, vindstu bösz auff der mül deins herczen, das treib
ausz und schüt güts darauff. NıDer 24 guldin harpffen 4°.
WAHRNEHMEN IT 1.2, 948
mit reflezivem geneliv: musz ein jegelich bruder sin selbes
nit sunderheite warnemen, waruf er von naluren geneiget
;1 oder wes er sich von sin selbes angenommenheit under-
wunden habe. goltesfreund 2, 215, 17 Rieder; darumb nützet in
;ich selbst sehen und sein selbst warnemen. STAUPITZ 1, 181
Knaake; kehr in dich und nimm dein selbst wahr, G. ARNoLD
‘eben der gläubigen (1732) 34.
MH. wahrnehmen ‘seine aufmerksamkeit auf etwas richten’ er-
icheint dann in verschiedenen übertragenen gebrauchsweisen , in-
lem zu dem bedeutungsmoment des achtgebens noch andere hin-
sulrelen, die die grundbedeutung in verschiedener weise varliren,
während das wort in der eigenilichen bedeutung jetzt abgekommen
st, lebt es noch z. Ih. in den übertragenen, wenn auch nament-
ich nur in bestimmten wendungen.
1) die bedeutung ‘rücksicht nehmen auf etwas‘ sieht der grund-
bedeutung sehr nahe.
a) besonders in negalivem sinn (vol. 1, 2, e, «):
er was verschröten,
mit bluote berunnen gar,
des nam si vil lützel war:
ai kust in als er ware gesunt. .
WIRNT V. GRAVENBERG |Vigalois 197, 333
wir nemen (leyder) gröblich war
des krysten glouben nott und klag,
der myndert sich von tag zü tag,
Brant narrensch, 99, 10;
das stuck haben wyr aber leyder nicht geachtet noch dieser
warnung wargenomen. LUTHER 14, 32, 24 Weim. ausg.; kommen
ınd lassen uns in schlahen mit der zungen (also schlahen si
ıf disen tag) und nit nemen war aller siner red. SCHADE
ıatiren 3, 28, 33; dweil der selb pfarrer weder der zeit noch
jes jars warnam noch wiszte, so verkündet er auch den
auren weder fasznacht, fasten, ostern noch andere festag
les jars. Frey garlengesellschaft 23, 27 Bolte.
b) aber auch ohne negation, noch im 17. jahrh.:
ir hant an mir die sippe
zenomen früntlichen war,
las ir mir dise herren gar,
°@iche und arme die hie stant,
und iuch ze fründ gewonnen hant
gar nach mines herzen gir,
RupDoLF v. Eus Willchalm 2483 Junk;
will ein juncker seyn und sein vater war ein schneider: da
ır doch billich seines herkommens warnehmen .. solte. Par-
‚ANDER (1650) 1, 59; richte dein herz zu gott auf, so wird dich
ler menschen verachtung nicht betrüben ... es gehen dir
;olche geringe sachen darüm so schr zu herzen, das du noch
leischlich bist, und der menschen mehr, als du solst, wahr
ılmst. BurscakY hd. kanzelley 729.
5) damit berührt sich die bedeutung ‘in anschlag bringen’?
daz ime (Tristan) ir herre Marke
holt unde willic were,
noch hin ze im dirre mare
niemer war geneme.
G, v. STRASZBURG 7ristan 16311;
das (stehlen) ist nu gar ein weitleufftig gemein laster, aber
30 wenig geachtet und wargenomen, das über die masz ist,
also das, wo man sie alle an galgen hencken solte, was
diebe sind und doch nicht heissen wollen, solt die welt bald
wüst werden. LUTHER 4, 402°;
nimm ja in der gefahr
nicht unsers kleinmuhts war,
der sich bey uns musz regen. .
S, Dacy 312 Osterley,
2) wie lat, observare die bedeutung “ehrerbietung, achtung er-
weisen’ annehmen kann, so zeigt sich das in der älteren sprache
zuch bei wahrnehmen:
Sara diu getriwe legit ir man zu ir diwe:
also diu ein chint gebar, der vrouwen nam si nindir war,
genesis 35, 23 Diemer;
Jesus, du bist ain thor gar,
du nembst woll bas der hern war!
wie antworstu unserm hohen man?
Brizxener passion 1308 Wuckernell,
ein hoffertiger .. mensch kame zü Leiptzig in ein gartküchen,
wolt darinnen zeren. dweil man aber sein nit wahr nam
und ime ... nit sunders vil ehr embot ... fieng es in zü
letst an zü verdriessen., FrREvY gartengesellschafl 70, 31 Bolte. be-
sonders gegenüber golt, Christus:
der keiser wisete sinen haz,
der im sin herze gar besaz
üf die die Cristes nämen war.
passional 686, 61 Köpkes