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d) beim gerber sind walzen ‘runde stäbe, womit das
leder, so nach ungarischer art zubereitet wird, gewalzt wird,
um es geschmeidig zu machen’, die walzen werden in das
leder eingeschlagen und dies mit füszen getreten. JACOBSSON
4, 586°, KRÜNITZ 68, 267.
e) beim sporer sind walzen ‘massive ringe, die durch
die feile einige einschnitte oder kerben erhalten haben, und
deren drey bis viere auf jede hälfte des mundstücks (der
pferde) gesteckt werden‘. JACOBSSON 4,587%, KRÜNITZ 233,291:
wann ihr aber ja euer pferd zäumen woltet auff mund-
stücken mit waltzen, so nemmet die waltzen auff die art
der oliven und melonen. vollkommenes reit- und pferdbuch
1668) 3, 4.
f) bei der glasfabrikation nennt man walzen eylindrische
glaskörper, die dann aufgeschnitten und flach gelegt werden,
s, Walzenglas.
g) in der anatomie nennt man walze die an der inneren
seite der augenhöhle befestigte knorpelige rolle, um die sich
die sehne des oberen schiefen augenmuskels herumschlägt.
KULMUS anat. tabellen (1759) 58. PIERER medie, wb. (anat.)
8, 400. HyrRTL kunstworte d. anatomie 165. auch der hohle
knöcherne, in der mitte der gehörschnecke befindliche spindel
förmige theil, um den sich die scheidewand der schnecke
windet. HILDEBRANDT lehrb. der anatomie (1799) 3, 168.
PIERER 5, 391,
h) in der zoologie heiszt walze eine schneckengattung mit
eylindrischer schale, oliva Brug., von der verschiedene arten
vorkommen, LEUNIS zoolog.* 1, 956.
i) in der botanik ist walze eine ‘röhrenförmige verlänge-
rung von zartem bau innerhalb der blume oder blüthen-
Aülle, welche am rande oder am obern theile der innern
fläche die staubgefäsze trägt’. B1ISCHOFF handb. der botan.
terminologie 1, 349.
k) rothe walze heiszt ein “nicht besonderer, im november
reifer, rother schlotterupfel’. F.B.WEBER ökon. lex. (1838) 633%,
Z) auch sonst kommt gelegentlich walze für runde Läng-
liche form, runder länglicher gegenstand’ vor: zugleich
aber tritt das runde auf in der walze des stammes und
der anordnung der äste um den stamm. VISCHER Üsthetik
2,83; er legte sein tellertuch, wie er es gewöhnlich that,
zusammen, rollte es zu einer walze, und schob es so in
den silbernen reif. STIFTER stucdien (1850) 5, 197 (hagestolz).
aus dem Elsasz wird ‘eiserne kuqyel’ angegeben. MARTIN-
LIENHART 2, 825.
4) in der musik ist walze als wiedergabe des ital. groppo
üblich für ‘eine aus vier tönen bestehende auf- oder ab-
wärtsgehende melodische figur, die aus dem hauptton und
der drunter und der drüber liegenden hülfsnote besteht‘,
also eig. ‘wälzung’. MENDEL-REISSMANN musik. conver-
sationslex. 11, 261. KRÜNITZ 233, 291.
5) auch die bedeutung ‘ort wo man sich wälzt’ hat sich
entwickelt. nd. walte ist eine streu mit übergelegten betten,
brem. wb. 5,174. als fem. ist wol auch das weidmännische
walz ‘ort wo das wild sich wüälzt’ zu nehmen: du solt auch
suchen zu sal (l. sol), wo du sal oder waltz weiszt, da
ist alles wildt in der brunst gerne, hirsch und hinden.
MEURER jag- u. forstrecht (1582) 68°. ebenso SEBIZ feldbaru
(1580) 571, wo s. 589 waltz der schwein erklärt wird: das
lang breit grosz und kaatig ort, da sich das schwein ge-
wältzt hat; vgl. volutabrum, säwwältze. DIEFENBACIH
gl. 628°.
6) walze ‘wanderschaft‘ läszt sich aus der ältern sprache
nicht nachweisen und hat sich jedenfalls von walzen
‘schlendern, müszig gehn’ (walzen 2, a, 4) aus entwickelt.
es gehört zunächst der kundensprache an. KLUGE rotwelsch
1,433. die wendungen auf der walze sein, auf die walze
gehn sind weit verbreitet. MARTIN-LIENHART 2,825. HERTEL
253. KLEEMANN 25. ALBRECHT 233, auch auf gegenstüände
übertragen: als wir uns vor einem jahre an dieser stelle
versammelten, stand vor uns Strunks Prometheus (auf
der staffelei). er ist übrigens noch auf der walze und
für zweitausend meter zu haben. F. ANDERS herren:
menschen 444.
WÄLZE, f. nebenform von walze: weltze, rund-holtz,
etwan schwere last mit zu rollen. HULSIUS 275; Wwaltze,
weltze, waltzseule, wallholz, wallbloch. KRÄMER 1207%
jetzt westfäl. weite WOESTE 319. auch als runder gegen-
stand’: mittlerweile trug die frau wase das vesperbrod
WALZEISEN — WÄLZELTAG 1408
‚uf, darunter auch eine schöne dicke butterwälze. korre-
‚pondenzblatt d. ver. f. miederd. sprachforsch. 22, 17.
zweifelhaft ist, ob hierher gehört: wo ein hauss ver-
caufft wurdt in der stat gericht, do soll innen bleiben,
was angenagelt ist oder angeport oder angewindet ... und
vas gleser dar inn sindt in weltzen (var. faeltzen) oder
n romen, die nach der venster leng und der weit ge-
nessen sind und gemacht, Bamberger stadtrecht 8 56 Zönfl.
WALZEISEN, mn. 1) das als achse einer rolle oder walze
erwendete stück eisen. MOTHES baulex.? 4, 332°; Dillot
RONDEAU. namentlich beim buchdrucker das eisen, welches
'urch die runde von holz gedrehte wulze (Walze 2, f, «) geht.
ZÄUBEL wb. der buchdruckerkunst anhang 27.
2) gewalztes eisen. MOTHES a.a.0. dazu: wWalzeisen-
zrundplatte, fi, bei panzerschiffen. DABOVICH NnAaul.-
techn. wb. 1, 830% walzeisenträger, m. V. HOYER 1.
XREUTER fechnol. wb.> 1, 828%.
WALZEISERN, adj. zu walzeisen 2): es sollen vergeben
werden: für das keller-, unter- und erdgeschosz des rat-
ı1aus-neubaues die erforderlichen eisenarbeiten, bestehend
us walzeisernen trägern, schmiedeeisernen verbindungs-
;stücken und guszeisernen unterlagsplatten. Leipziger
jeueste nachrichten 12. apr. 1900 1. beil.
WALZEL, n., diminutivbildung zu walze, im steirischen
zach UNGER-KHULL 616% als ‘kleine walze’, ferner “wvier-
;ckiges lineal’ und ‘uhrenhängsel mit flachem drehburem
teine’ vorkommend. als fem. wird das von KLUGE rot-
welsch 1, 332 angeführte walzel anzusetzen sein: walzeln,
zugeln, schrote (aus PFISTER 1812).
WALZELN, WÄLZELN, vwverb., ableitung von walzen,
in späteren ad. und früheren nhd. (auch bei LUTHER)
vorkommend, zuletzt bei RÄDLEIN angeführt, im nd. ndl.
entspricht wentelen, das aus *weltelen dissimilirt ist.
1) intransitiv: der (erste himmel) waltzelt in tag und
in naht... ains mäls umb und umb daz ertreich. der
dritt himel ... waltzelt widerwarts von der sunnen under-
zanch gegen der sunnen aufganch., K. v. MEGENBERG
55, 18. 22. var. (text: welzt); der wöltzlet und burtzlet be-
kümmert in seinem gemüt, auff einem lotterbetlin umb.
S. FRANCK chronica (1531) 103%.
2) reflexiv:
Salomon. dorch kunst sal man den meister eren,
das die jungen das da (desto) gerner leren.
Morolf. wo sich der esel welczelt, das ist war,
da bluwet furcze ader har.
Salomon u. Morolf 2, 295 Hagen;
nach dem das thöricht volck zu-hand
das waltzelt sich in grosser zahl
in dem schroftigen birg zu thal.
H. SACcus 15, 548, 1 Keller-Götze;
als Mentor sach im wald ein leben,
der sich frey vor im walzelt auf der eben.
Jab. u, schw. 5, 680, 46 Götze-Drescher,
3) transitiv: volvere, weltzeln. DIEFENBACH gl. 628";
‚olutus, gewelczelt. 6292; wältzen, wältzeln, über und über
werffen, wie eine waltze gehet, rouler, tourner, veautrer.
RÄDLEIN 1028*; sihe, ich wil an dich, du schedlicher
erg, der du alle welt verderbest, spricht der herr, ich
wil meine hand über dich strecken, und dich von den
felsen herab weltzeln, und wil einen verbranten berg aus
Air machen. Jer. 51, 25;
ich kan in nicht auffheben doch.
will in halt weltzeln wie ein fasz,
AYRER 2518 Keller.
dei HANS Sacnys erscheint öfter das part. gewalzelt:
frü als man fund den könig todt,
gewaltzelt inn seym hlute rot.
2, 107, 25 Keller (ühnlich 6, 80, 31. 11, 194, 10)
da plaezt sie im ins hare,
der gleich plaezt er ir wider drein,
und denten aneinander
in der gassen auf unde ab,
ım kot gewalzelt lagın.
fab. u. schw. 3, 147, 23 Götze-Drescher,
4) eine besondere bedeutung ‘mit einer kugel spielen’ (vgl.
valen 2, d, oben sp. 1218) tritt im Nürnbergischen auf: ez
‚st auch gesetzet, daz nieman niht weltzeln sol in der
;tat noch der vor noch an kainer stat, ... und swer auch
platzmaister ist dez weltzleins, der müz aht tage bi dem
stocke sitzen. Nürnberger polizeiordnungen 65 Baader.
WÄLZELTAG, m. ein tag, an dem es ausgelussen Lustig
'4iyeht, 8. wüälzabend.