Full text: W - Wegzwitschern (13. Band)

1419 WALZEN — WÄLZEN 
platte. hiedurch walzet er das glas rund. KRÜNITZ 18, 614. 
das flintenrohr walzen, ihm seine rechte runde gestalt geben. 
TACOBSSON 4, 587*, KRÜNITZ 283, 292. 
0) mit hilfe von walzen etwas schweres fortschaffen. 
MOTHES baulex.? 4, 332° : walzen findet bei runden, geraden 
hölzern statt, die zu schwer sind, um sie zu tragen oder 
auf schubkarren wegzufahren. BEHLEN lex. der forst- u. 
jagdk. 6, 291. 
WALZEN, werb. sich paren, von wölfen. archiv der 
Brandenburgia 11, 121 (Nutheniederung). vgl. balzen und 
falzen. 
WÄLZEN, verb. umdrehend hin und her bewegen, rollen. 
1) wälzen, ahd. walzen, welzen (praet. walzta), volvere, 
vellzıcare GRAFF 1, 791, über dessen etymologische grundlage 
unter walzen gehandelt ist, ist auch in den andern alt- 
germ. sprachen auszer dem altsächsischen und friesischen 
vorhanden: ags. wieltan BOSWORTH-TOLLER 1230, anord. 
velta FRITZNER 38, 907, got. waltjan. auf ahd. walzen be 
ruht ital. gualcire ‘zerknittern’. das wort macht den ein 
druck einer causativbildung zu dem starken verbum, das 
im anord. velta lautet, got. *wiltan, sich wälzen; walzen 
(8. d.) ist wol als neubildung zu betrachten. num ist aber 
got. waltjan intransitiv (anord. velta und ags. wieltan nur 
transıtiv) und auch im mhd. und älteren nhd. kommt der 
infransitive gebrauch vor (eine 3. sg. welzet kann bis ins 
L6. jahrh. zu walzen gestellt werden). doch ist die transıtive 
(auch reflexive) verwendung das gewöhnliche; im 17. jahrh. 
scheint mehrfach wälzen für das unüblich werdende walzen 
ningetreten zu sein. — die schreibung ist bıs zum anfang 
des 18. Jahrh. gewöhnlich weltzen, noch FRISCH und STEIN- 
BACH haben so, KRÄMER und LUnWIG Aaben wältzen 
und weltzen; welzen noch bei KLINGER Otto 71, 23 neudry. 
selten entwickelt sich wölzen (vgl. wölben, doch wirkte das 
daneben stehende walzen der entwicklung des 8 entgegen), 
bei GÜNTZEL 829 wöltzen. das praet. büszt im nhd. den 
rückumlaut ein, doch kann im 16. jahrh. walzte noch zu 
wälzen gestellt werden. noch STIELER 2421, der allerdings 
welzen und walzen nicht trennt, hat im part. praet. ge- 
walzet und gewelzet, STEINBACH 2, 923 gewaltzt und 
zeweltzet, 
2) wälzen drückt ursprünglich ein drehendes hin und 
her bewegen aus, namentlich ein solches, das über etwas 
festem (besonders dem erdboden) stattfindet. in bestimmten 
verbindungen bezeichnet es dann auch das rollende fort- 
bewegen von etwas. dasz es ein schwerer gegenstand ist, 
der bewegt wird (ras ADELUNG mit zur definition rechnet), 
liegt ursprünglich nicht in dem begriff, vgl. die bedeutungs- 
entwicklung von walzen und auch die der verwandten 
wörter walen, walzen, walgern. doch tritt beim transt- 
fivum (weniger beim reflexivum) dieser nebensinn immer 
mehr hervor und beeinfluszt namentlich auch den bildlichen 
gebrauch im nhd., während im mhd. eine andre entwick- 
lung hier vorliegt. der bildliche gebrauch knüpft nament- 
ich noch an die verbindungen von etwas wälzen, auf 
etwas wälzen an. 
a) transıtives wälzen. die wörterbücher geben nur die 
transitive bedeutung an: volrere, weltzen, weltzeln, weltzeren. 
DIEFENBACH gl. 628°; volutare, weltzen, weltzeln. 628°; 
weltzen, wvolvere, devolvere, circumvolvere, pervolvere. 
MAALER 488°; vor im anhin weltzen oder trolen und 
walen, praevolvere. ebenda; wältzen, weltzen, volgere, rıuo- 
‚are, voltare. KRÄMER 1207”; welzen, volvere, versare. 
STIELER 2421; wältzen, wältzeln, über und über werffen, 
wie eine waltze gehet, rouler, tourner, veautrer. RÄDLEIN 
L028*; waltzen, wältzen oder weltzen, fo wallow or roll 
something. LUDWIG 2375. auch ÄDELUNG erwähnt die in- 
transitive verwendung nicht. 
«) einen rundlichen gegenstand, auch einen menschlichen 
körper, rollend hin und her bewegen: ein stein, den man 
hyn und widder weltzt, bewechset selten. AGRICOLA 
sprichw. 1 (1530), 109°; um nicht der einzize müsziggänger 
im staate zu seyn, wälzt (Diogenes) seine friedsame tonne 
auf und nieder. MENDELSOUNN philos. schriften 4 (1777), 3. 
zusammen wälzen: es hahen auch Türcken, Juden und 
die bösen christen noch vil solcher zusammen geweltzter 
brieflein in federkielen und in iren alten kleiderknöpfen 
(die rechten philacteria, der ich einen gesehen) bey sich 
getragen. MATHESIUS Sarepta 103°; da nun membrana hie 
WÄLZ EN 1420 
ıit rein oder unbeschrieben pergament, sonder ein zu- 
jammen geweltzt buch ist, so hat Paulus auch zweyerley 
yücher gehabt. ebenda. 
ım etwas wälzen: 
du hast das firmament an seinen ort erhöhet, 
der wolken kleid darum gewelzt. 
HALLER ged. (1753) 3. 
übertragen: wilde phantasieen haben meinen schlaf auf- 
zeschwelgt — mein ganzes wesen krampfig um Eine 
>mpfindung gewälzt. SCHILLER 38, 88 (Fiesko 3, 2). 
in etwas wälzen: man läutert den balsem mit ezzeich- 
waschen, wenn man in dar inn welzet. K. v. M£EGENBERG 
60, 24; er hat mich mit bitterkeit gesettigt, und mit 
vermut getrenckt. er hat meine zeene zu klein stücken 
‚urschlagen, er weltzet mich in der asschen. klagel. 
Terem. 3, 16. übertragen: 
sie könnt’ es wagen, mein gekröntes haupt 
schmachvoll auf einen henkerblock zu legen? ... 
sie könnte so die eigne majestät 
und aller könige im staube wälzen? 
SCHILLER 12; 425 (Maria Stuart 1, 6). 
ın etwas wälzen: 
geendigt hat die uhr den lauf, 
es zieht dieselbe wieder auf, 
wüälzt krächzend an dem treibestein, 
las schwache dorfschulmeisterlein. 
SAUTER ausgew. ged. 20 Kilian. 
das part. gewälzt ‘sich wülzend’, von einem menschen : 
]ö quam zü ime ein mensche üf den knien vor gewalzet 
vulg. genidus prorolutus) vor en, und sprechinde: ‘herre, 
rbarme dich ubir minen sun’. MATTHIAS V. BEHEIM, 
Muatth. 17,14; er lag da todt auf der erden, und in seinem 
ılut geweltzet, he lay wallowed in his blood. LUDWIG 2376; 
\masa aber lag im blut geweltzet mitten auff der strassen. 
2 Sam. 20, 12; 
0 schade, dasz, in seinem blut gewälzt, 
das opfer wenig dazu taugt, dem geist 
des opferers ein loblied anzustimmen ! 
SCHILLER 5, 2, 312 (don Karlos 3, 19). 
hücher wälzen: meine entdeckung ändert in der theo- 
gie quartanten und folianten. ich habe seit drei Jahren 
ı1as ding gewälzt, geblättert und in Straszburg alles ge- 
waucht was ich konnte, HERDER an Heyne (von und an 
Terder 2, 118). 
#8) rollend fortbeweqgen: der do greht dy grub, der felt 
n sy, und der do weltizt den stein, er kert wider zu im. 
SOBURGERS DGibel (1483) 304®* (sprüche 26, 27); wer steyn 
veltzt, der zerreist die hand. LUTHER 20, 172, 9 Weim. ausg.; 
lenckt offt ein schweren stein zuwerffen, den sonst wol 
ziel nicht weltzen dürffen. LEHMAN (1640) 175, 35; 
was quält ihr euch und uns, auf jüähem stege 
nur schritt vor schritt den läst’gen stein zu wälzen, 
der rückwärts lastet, immer ncu zu mühen? 
GÖTHE 2, 16 (sonnette 14). 
eine lawine wälzen, &1ldlich: 
einer lawine vergleich ich den dichter, es wälzt in At feind 
SECHS 
rasch ihn weiter; es kommt eine gerechtere zeit, 
PLATEN 144 (epigr.). 
etwas wälzen mit richtungsbestimmungen: sie pflegten . . 
den stein von dem hbrunloch zu welizen. 1 Mos. 29, 3; 
Ioseph nam den leib... und weltzet cinen grossen stein 
'ür die thür des grabes. Matth. 27, 66 (28, 2: waltzet); dar- 
1ach schneit sie im den kopff abe, und weltzet den leib 
zus dem bette. Judith 13,9; 
sie sach, wie Sisyphus alleyn 
fast ringen mu=zt mit eym mülsteyn, 
den muszt er weltzen uff eyn berck., 
WICKRAM 7, 158, 861 (mel, 4, 469) Belte 
yewälzt frei von menschen “umhergetrieben’: 
dorther komm’ er anjezt in das land hier, kummer erduldenn! 
weiter und weiter gewülzt (m0o0omgoxtiirddusros). von 
Odysseus rühmt er auch kundschaft,. 
Voss Odyssee 17, 525. 
in besonderer bedeutung eine last wälzen: 
anch die taue des mastes und wendenden seile verhond er; 
wälzte darauf mit hebeln den flosz in die heilige meerfliut, 
Voss Odyssee 5, 261; 
auch aus seiner grünen welle 
steigt der schilfbekränzte gott, 
wälzt den schweren flosz zur stelle 
auf der göttin machtgebot. 
SCHILLER 11, 297 (das Eleusische feed).
	        
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