Full text: Zur Frage über das Deutsche Maass

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Dabei entsteht wieder die Frage, welchem Staate die Dar- 
stellung und Aufbewahrung des Urmaafses und die spätere Ver- 
gleichung der Copien anvertraut werden soll, und es ist wohl 
zu besorgen, dafs deren Beantwortung gleichfalls durch die gegen- 
seitige Eifersucht erschwert werden dürfte, wenn es auch jedem 
Staate unbenommen bliebe, sich durch Commissare vertreten zu 
lassen. Am passendsten möchte es sein, wenn man hierzu nicht 
einen der gröfseren, vielmehr einen der kleineren, und am besten 
vielleicht einen der kleinsten deutschen Staaten wählte. dJeden- 
falls müflste wissenschaftlicher Sinn in demselben rege sein, und 
aufserdem käme es vorzugsweise auch darauf an, dafs eine nam- 
hafte mechanische Werkstatt daselbst besteht. Diesen Bedin- 
gungen entspricht Hamburg sehr vollständig, wo Repsold’s 
Werkstatt schon lange die allgemeinste Anerkennung sich erwor- 
ben hat, und weit über die Grenzen von Deutschland hinaus die 
Sternwarten mit den vollkommensten Instrumenten versieht. 
Es ist überflüssig, weitere Vorschläge zu machen, doch mufs 
jedenfalls dahin gesehn werden, dafs das ganze Unternehmen 
als ein wissenschaftliches aufgefafßst, und daher Männern 
übertragen wird, die nicht allein das leicht zu befriedigende 
commercielle Bedürfnifs berücksichtigen, sondern vorzugsweise 
die wissenschaftlichen Anforderungen genau kennen, auch in 
scharfen Messungen selbst geübt sind, und durch ihre sonstigen 
wissenschaftlichen Leistungen die sicherste Garantie für das er- 
folgreiche Gelingen des Unternehmens bieten. 
Vielleicht fragt mancher Leser, wie es sich mit dem 
Deutschen Gewichte verhält. Hiervon ist aber zur Zeit 
nicht die Rede, weil bereits darüber entschieden, und das halbe 
Kilogramm als solches eingeführt ist. Die Zukunft wird lehren, 
ob dieses eine definitive, oder nur eine provisorische Entschei- 
dung war, denn man darf wohl hoffen, dafs die deutschen Re- 
gierungen endlich müde werden, Copien des Kilogrammes aus 
Paris zu beziehn, und mit Verwunderung zu sehn, dafs dieselben 
unter sich nicht übereinstimmen. Dieser Mangel an Ueberein- 
stimmung wird aber noch in viel höherem Grade sich zeigen, 
wenn die französische Regierung sich einst veranlalst finden 
sollte, untersuchen zu lassen, ob das dortige Normal des Kilo- 
grammes wirklich das gesetzlich vorgeschriebene Gewicht dar- 
stellt, wie sich dieses aus dem Cubik-Centimeter destillirten 
Wassers ergeben soll. Ein solche Probe ist freilich nicht wahr-
	        
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