Full text: Blüchers Auskunftsbuch für die chemische Industrie (2. Halbband, L - Z)

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Salpetersäure. 
sich allmählich bis zu einem Gehalt von 50% angereicherte Säure bildet. Nitrum (Siebert) ver- 
flüssigte zeitweise das Stickstoffdioxyd zum flüssigen Tetroxyd N,O,, das in eisernen Gefäßen auf- 
bewahrt und versandt werden kann, erzielte so höhere Gesamtausbeuten pro KWSt und war in 
der Lage, aus dem 98proz. Produkt mit Wasser und Sauerstoff in kleiner Apparatur 70—80proz, 
und aus ihr durch Zusatz von unverdünntem Tetroxyd unter Mitwirkung von reinem Sauerstoff 
(NO + H;O +O = 2HNO,) 100proz. Salpetersäure zu erzeugen. Doch kann auch durch die oben 
beschriebene wäßrige Absorption, und zwar entsprechend dem höheren Prozentgehalt des Gemisches 
von sauerstoffreicher Luft und Stickoxydgas an letzterem Salpetersäure in der Stärke von 60% 
gewonnen werden, 
Nach Angaben von B. Waeser, Die Luftstickstoffindustrie, Leipzig 1922, verbrauchen 
die Lichtbogenanlagen pro t 35 proz. Salpetersäure 2,33 PS im Jahre, d. i. pro t Stickstoff 
10,8 PS, während die Kalkstickstoff- und Ammoniaksyntheseverfahren einschließlich Am- 
moniakoxydation (s. u.) nur 2,3 bzw. 0,3 PS nötig haben. Diese Zahlen geben die Erklärung für die 
Tatsache, daß nach jenen Methoden in Deutschland p. a. nur 1361 t Stickstoff gleich 6125 t 100- 
proz. Salpetersäure erzeugt werden. Zu der schon anfangs erwähnten, auch bei sehr billigem Wasser- 
strom bestehenden sehr ungünstigen Energieausnutzung kommt noch, daß die gewonnene Salpeter- 
säure als solche auch nach der Konzentration {(s. u.) in den anfallenden Mengen vom Markte nicht 
aufgenommen wird, die Absättigung mit Soda zum Chilesalpeter zu teuer und mit Kalk zum Norge- 
salpeter nicht genügend rentabel ist, so daß nur die Bindung an Ammoniak zum Ammoniumnitrat 
übrig bleibt. In dieser Richtung arbeitet jedoch das nunmehr zu besprechende Verfahren der Am- 
moniakoxydation wesentlich wirtschaftlicher, so daß, falls nicht, vielleicht nach der Haber-Koenig- 
methode hin, wesentliche Verbesserungen erzielt werden können, den Lichtbogenverfahren nur in 
kohlearmen Ländern, dann aber in reichem Maße, Aussicht auf Erfolg beschieden ist. 
3. Die Ammoniakoxydation. Nach diesem heutigen Hauptverfahren der Salpetersäure- 
darstellung wird reines Ammoniakgas, wie man es, direkt verwendbar, aus Kalkstickstoff oder nach 
der Haber-Boschmethode oder durch Reinigung des Kokereiammoniaks gewinnt, mit der 10fachen 
Luftvolummenge im Sinne der Gleichung: 2NH; + 50 = 2NO + 3H,0 über einen etwa 600° heißen 
Katalysator geleitet. Derselbe besteht aus sehr dünnem, durchlässigem Platinblech oder beim 
Frank-Caroverfahren aus einem feinen Platindrahtnetz (3000 Maschen pro qcm); auch Netze aus 
Platinmetallegierungen (Iridium, Palladium), ferner Unedelmetallkatalysatoren wie z.B. Eisen- 
oxyd allein oder mit geringem Wismut- oder Tellurgehalt sind im Gebrauch oder wurden vorge- 
schlagen, so: Chromite oder Silberchromat, gekörntes Kupferoxyd zusammen mit Blei- oder Mangan- 
nitrat, Silber, Aluminiumsilicate, Vanadiumoxyd, nach einem neuen englischen Patent Rhodium 
oder Rhodiummohr u, v.a. Das Gasgemisch kommt von unten herauf, richtig temperiert, nur kurze 
Zeit (Tausendstel Sekunden) mit dem z. B. elektrisch vorgewärmten Platinnetz in Berührung, da 
bei längerem Kontakt nicht Stickoxyd, sondern Stickstoff als Endprodukt entstehen würde. Das 
Ammoniak wird zu 95% umgesetzt; das Stickoxyd wird in den kleinen, den Schwefelsäurefabriken 
angegliederten Frank-Caroapparaten direkt in die Bleikammern geleitet oder nach der Oxydation 
(s. o. bei Flammbogenverfahren) zu Salpetersäure absorbiert. Infolge der hohen Konzentration 
vollzieht sich hier die Oxydation jedoch nicht so glatt wie bei den Gasen der Luftverbrennung, 
sondern es entstehen auch niedere Stickoxyde, die immer wieder in den Kreislauf der Absorption 
zurückkehren, so daß diese Anlage für 50 t tägliche Salpetersäureerzeugung mit ihren zwölf 20 m 
hohen Oxydations-Ganittürmen viel Raum einnimmt. 
4, Konzentration. Die Salpetersäure wird nun, soweit die stärkeren Grade nicht direkt zur 
Mischsäureherstellung gehen, konzentriert, was auf dem Wege der Dephlegmation geschehen 
kann, da 99,7proz. Säure den niedrigsten Siedepunkt von 86° hat, während 70proz. bei 123° siedet, 
von welchem Punkte an der Siedepunkt bis 104°, d. i. jener einer 25proz. Säure, fällt. Man kann aber 
auch die dünne Säure an Soda binden, die erhaltene Lösung des Kunst-Chliesalpeters eindampfen und 
das Na-nitrat, wie es während des Krieges geschah, auf diesem unrationellen Wege über das Valentiner- 
verfahren auf konz. Säure verarbeiten. Weitaus die größte Menge der dünnen Säure wird jedoch 
mit Hilfe der Schwefelsäure als wasserentziehende Substanz konzentriert; während des Krieges 
arbeitete man und arbeitet auch heute noch vornehmlich nach dem Verfahren von Pauling. 
Es beruht auf der Behandlung eines Gemisches von 48proz. Salpetersäure und der doppelten 
Menge 94proz. Schwefelsäure im Gegenstrom mit überhitztem Wasserdampf oder von 30proz. 
HNO, und 80proz. H,SO, ebenso, jedoch mit dem Dampf 93proz. Salpetersäure; man erhält so 
96proz. Salpetersäure und eine Abfallschwefelsäure von etwa 70°, die kaum Spuren Salpetersäure 
enthält und z. B. in Keßlerapparaten oder in den Paulinganlagen angegliederten Konzentrations- 
vorrichtungen, wieder auf den ursprünglichen Stärkegrad gebracht wird. — Von den zahlreichen 
sonstigen Verfahren sei nur noch auf die oben (Sieber-Luftverbrennung) erwähnte Methode der 
Konzentration verdünnter Salpetersäure mittels flüssigen Stickstofftetroxydes unter gleichzeitiger 
Oxydation mit Sauerstoff hingewiesen. 
Dieses Verfahren kann auch zur Erzeugung der roten, rauchenden Salpetersäure, d.}. 
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