Full text: Blüchers Auskunftsbuch für die chemische Industrie (2. Halbband, L - Z)

1086 ; Schwefelsäure. 
des Luftsauerstoffes in das Anhydrid SO, verwandelt. Dieses gibt mit wenig Wasser oder 
in Schwefelsäure gelöst das Oleum, die rauchende Schwefelsäure, die auch nach dem alten Ver- 
fahren durch Glühen von Alaun oder Eisenvitriol als erstes Produkt erhalten wurde und die mit 
mehr Wasser Schwefelsäure verschiedener Konzentrationsgrade liefert. Das erste Verfahren, der 
Bleikammerprozeß, dominiert der Erzeugungsmenge nach, das zweite, das Kontaktverfahren, 
bringt nur 15—25% der Gesamtschwefelsäuremenge, obwohl es zu dem hochkonzentrierten und 
darum auf weitere Strecken transportierbaren Anhydrid und Oleum führt und die Verarbeitung 
auch schwefeldioxydarmer Rauch- und Röstgase gestattet, die im Bleikammerprozeß nicht ver. 
wendet werden können. Die Ursache dieser Erscheinung liegt in der Vervollkommnung, die dieser, 
angeregt durch das Auftreten des Kontaktverfahrens (um 1900), erfahren hat. 
Rohstoffe. Kiesröstung. Wo Schwefel (s. d.) verwandt wird, verbrennt man ihn, ebenso 
jenen, der von Ammoniumsalzen, Cyan- und Rhodanverbindungen vorher befreiten Gasreinigungs- 
massen, bzw. diese selbst, wenn sie arm an organischen Stoffen sind („Lux‘‘masse), auf dem Röst- 
wege zu Schwefeldioxyd (s. d.). Dasselbe geschieht mit dem Schwefelwasserstoff (s. d.), der bei dem 
Chanceprozeß der Verarbeitung von Sodarückständen (s. d.), bei der Reduktion von Gips und 
Bariumsulfat, bei der Fabrikation von Leuchtgas und bei anderen Prozessen anfällt. Weitaus die größte 
Menge des nötigen Schwefeldioxydes wird jedoch durch Rösten der sulfidischen Erze (Eisen- 
und Kupferkies, Bleiglanz, Zinkblende) in Kiesröst- (Pyrit-)öfen gewonnen. Die Kiese finden 
sich auf der ganzen Welt weit verbreitet, besonders gesucht sind die an Ort und Stelle durch Ver- 
wittern und Auslaugen größtenteils entkupferten spanischen (Huelva) Rio Tinto- und die portu- 
giesischen „Pomaron*‘‘-Kiese mit 48—49% Schwefel, 42— 43% Eisen, 0,4 (entkupfert) — 3,2% Kupfer, 
0,4—0,7% Zink, Spuren anderer Metalle und geringen Mengen Gangart. Der bei Meggen in Deutsch- 
land gefundene Eisenkies ist 15—20% ärmer an Schwefel, kupferfrei, enthält jedoch 7—8% Zink 
und 6% Gangart; auch die Pyrite anderer Länder (Handelsusance: der genau bestimmte Schwefel- 
gehalt mit Zusatzpunkten für vorhandenes Wertmetall) führen den wichtigsten Bestandteil in der 
Menge von mindestens 35 (Ungarn) bis 51% (Polen). 
Das Rösten des zerkleinerten, gewaschenen und gesiebten Eisenkieses (Pyrits) erfolgt nach 
dem Entzünden ohne weitere Brennstoffzufuhr je nach der Sortierung, in Stück- oder Feinkiesröst- 
öfen, durch deren zeitweise geschüttelten Rost von unten die Verbrennungsluft zugeführt wird. 
Vorwiegend arbeitet man in den mit Schamottesteinen ausgemauerten Eisenmantel-(Herreshoff-) 
oder in den wesentlich größeren Wedgeöfen, in deren Etagen, die täglich bis zu 25 t Feinerz Nach- 
füllung erhalten können, um eine wassergekühlte Vertikalachse horizontal kreisende Rührarme 
für Bewegung des Gutes und Auswerfen der „Abbrände‘‘ sorgen. Zinkblende mit meist nur 20% 
Schwefel (Rheinland, Oberschlesien, s. Zink) bedarf zum Abrösten der Brennstoffzufuhr und zufolge 
ihrer höheren Zersetzungstemperatur von 900—1000° (ZnS + 30 = ZnO + SO,) anderer, und zwar 
der Muffelröstöfen oder neuer mechanischer Blenderöstöfen mit drehbaren, von außen geheizten 
Herden. Kupferkies und Bleiglanz, die sich nicht schwefelfrei brennen lassen, wie die Zinkblende, 
werden in hoher Schicht in rostlosen Schachtöfen (Kiln) entzündet, der allmählichen Selbst- 
verbrennung überlassen, noch schwefelärmere Produkte (Bleistein, Bleiglanz) unterwirft man der 
unzulässigen, wenig ausgeübten Haufen- oder Stadelröstung im Freien bzw. in ummauerten, mit 
Esse versehenen Gruben; der Schwefel geht hierbei bis auf einen geringen, zur Ablagerung in den 
Haufenspitzen oder in der Esse gelangenden Teil verloren, das entweichende Schwefeldioxyd ver- 
nichtet die Vegetation der ganzen Umgebung. — Die Zinkabbrände (Zinkoxyd, bei der Blenderöstung 
das Hauptprodukt) können direkt oder nach der Auslaugung des Zinksulfates bzw. nach der 
chlorierenden Röstung des Zinkchlorides, jene des Eisen- und Kupferkieses, mit 1—2% Schwefel 
und mehr oder weniger Metallen neben viel Gangart und Schlacke, nach entsprechender Behandlung 
(Entkupferung) verhüttet werden. — Der durch die Röstgase mitgeführte Flugstaub wird in 
unvollkommener Weise in dem Ofen angegliederten Kammern, nach der viel wirksameren neuen 
Cotreil-Methode mittels Glimmentladung niedergeschlagen, die zwischen Faserstoffen! und 
blanken, Hochspannung führenden Drähten erzeugt wird, 
Bleikammer-, Turm- und Mischprozesse. Die reinen 200— 300° heißen Röstgase mit 7—8 Vol. % 
(Zinkblende 5—7%) Schwefeldioxyd, 0,1% Schwefelsäureanhydrid, 9—10 Vol. % Sauerstoff und 
81—82% Stickstoff gelangen seitlich unten 1.in den Gloverturm, von da 2. in die Bleikammern 
und weiter 3. in die Gay-Lussactürme, die sie als Restgase mit höchstens 5 g (Kies) bis 8 g (Blende) 
Säure pro cbm (auf SO, berechnet) verlassen. 
Der Glover, mörtellos aus aufeinander geschliffenen Steinen mit Bleimantel, oder aus Stein- 
zeug und dann mantellos errichtet, ist mit regellos gelagerten Füllkörpern aus Schamotte (kurze 
‚Tonzylinder, Raschigringe), ausgefüllt, über die auf langem Wege und großer Oberfläche, im Zufluß 
durch Verteiler geregelt, herabrieseln: 1. frische Salpetersäure (zur Deckung der Verluste des ganzen 
Systems), 2. Kammersäure (s. u.) aus den Bleikammern (zu ihrer eigenen Konzentrierung), 3. möglichst 
reichlich (zur; Vermeidung von NO- und SO,-Verlusten) sog. „Nitrose‘ (s. u.) aus den Gay-Lussac-
	        
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