Full text: Blüchers Auskunftsbuch für die chemische Industrie (2. Halbband, L - Z)

1148 Spiritus— Spiritusbrennerei. 
Eichenfässern, wobei durch Verdunstung mehr Wasser als Alkohol verloren geht: 1001 50 Vol.proz 
Whisky geben nach 8 Jahren etwa 56 ] Branntwein von 62 Vol.proz. Alkohol. Auch Kognak (der 
deutsche Weinbrand), nach deutschem Gesetz wenigstens 38 Vol. proz. reines Weindestillat (Ver. 
schnitt muß mindestens 10% reines Weindestillat enthalten), durch sofortige Vergärung des frisch 
gepreßten Traubensaftes, Destillation und wiederholte Rektifikation (fine und petit Champagne, 
Bois buon et ord. u. v. andere Sorten) erhalten, wird in rohen Eichenholzfässern oder über Eichen. 
holzspänen gelagert, denen das an sich farblose Getränk gelbfärbende und charakteristisch schmeckende 
Bestandteile entzieht. Die Güte des Kognaks hängt von der Traubensorte, aber auch von den geringen 
Mengen Zuckersirup (und -couleur) ab, die man in Frankreich zusetzen darf, mit denen aber nicht 
nur Zucker, sondern auch gewisse Aromastoffe mit eingeführt werden. — Rum ist wegen der 
in den heißen Ursprungsländern unter dem Einflusse zahlreicher Hefen heftig verlaufenden Gärung, 
in deren Verlauf große Mengen von Säuren, Estern, Acetaldehyd, Furfurol und höheren Alkoholen 
gebildet werden, ein sehr aromareiches, zum Verschnitt besonders geeignetes Produkt, das nach der 
Milligrammenge der genannten Stoffe in 100 ccm Alkohol (Lusson-Girardzahl) bewertet wird. Sie 
beträgt im Durchschnitt 400 (Reunionrum) bis fast 900 (Jamaicarum). Auf Grund der Erkenntnis, 
daß die Geschmack gebenden Säuren, Ester usw. während der Gärung und bei der folgenden 
Lagerung, dann erst in langer Zeit, entstehen, war man bestrebt, diesen Prozeß abzukürzen. Das 
sog. „Künstliche Altern“ der Spirituosen durch deren Behandlung mit Luftsauerstoff, Ozon, 
Ultralicht oder Chemikalien brachte jedoch keinen besonderen Erfolg, 
Liköre werden aus reinstem (Wein-)sprit, kalkfreiem destilliertem Wasser, ungeblautem 
(Ultramarin, gibt mit Fruchtsäuren Schwefelwasserstoff) Rohrzucker (s. Zuckersirup) und Aroma- 
stoffen hergestellt. Diese entstammen fertigen ätherischen Ölen (s. Riechstoffe) oder Essenzen, 
die man einfach nach unzähligen Vorschriften mit den drei genannten Stoffen mischt (kalte Destil- 
lation, z. B. Rosen-, Vanille-, Ingwerlikör) oder alkoholischen Extrakten, von Kräutern und Drogen, 
Man hängt sie in Gazebeuteln in den verdünnten Sprit von gewöhnlicher (Mazeration) oder höherer 
(50— 60°) Temperatur (Digestion) oder extrahiert das Kräutermaterial auf dem Wege der Per- 
kolation (s. d.) besonders dann, wenn man mit verd. Sprit nur z. B. die Bitterstoffe der Angostura- 
wurzel extrahieren will. Kräuterliköre wie Benediktiner, Chartreuse, Curacao u. a. bereitet man 
durch gemeinsame Destillation des Pflanzenmateriales mit Sprit aus den üblichen Destillations- 
apparaten. Die geeigneten Fraktionen werden unter Ausschaltung der wenig angenehm schmecken- 
den Vor- und Nachläufe mit Rum, Arrak oder Kognak aromatisiert, verdünnt, gezuckert und, mit 
Ausnahme von eigengefärbten Fruchtsaftlikören, gefärbt. Man verwendet: Karminlösung, Heidel- 
beertinktur und Himbeerfarbe für Rot; Indigkarmin (in wäßriger Lösung) für Blau; Mischungen 
der angegebenen roten und blauen Farbstoffe für Violett; Curcumatinktur für Gelb; Chlorophyll 
für Grün; Zuckercouleur für Braun, 
Spiritus: Brennstoffe; Äthylalkohol. 
Spiritusbrennerei: Die Gewinnung des Äthylalkohols (s. d.) durch unmittelbare Vergärung 
von Zucker oder durch Abbau höherer Kohlenhydrate (Stärke, Cellulose) zu Zuckerarten und deren 
Vergärung, wird entweder, und zwar vorwiegend in Süddeutschland, Österreich und Frankreich, 
in zahlreichen mit der Landwirtschaft verknüpften Kleinbrennereien betrieben, die aus Obst 
oder Getreide ausschließlich Trinkbranntwein (s. Spirituosen) erzeugen, oder die Äthylalkohol- 
gewinnung ist Sache des Großbetriebes geworden, der aus den Rohstoffen zunächst einen für 
Trinkzwecke nicht geeigneten, etwa 80— 90proz, Rohspiritus herstellt, der bei der Rektifikation 
96proz. Feinsprit liefert. Von diesem Zweige soll im folgenden die Rede sein. 
A. Die Rohmaterialien. 
Abgesehen von der zuletzt zu besprechenden synthetischen Alkoholgewinnung unterscheidet 
man vier Gruppen von Rohmaterialien, deren Verarbeitung in der gleichen Reihenfolge beschrieben 
werden wird: 1. Stärkehaltige Rohstoffe. Zu diesen gehören die Kartoffel, Trockenkartoffel, 
Getreidearten, Mais, Reis, Hirse, Buchweizen, Kastanien, Manioka, Bananen, Topinambur und 
stärkemehlhaltige Abfälle (z. B. diejenigen der Stärkefabrikation). Die Stärke muß, damit 
sie zu Alkohol vergärbar wird, zunächst in Zucker verwandelt werden, was meist durch 
Diastase, selten durch Erhitzen mit verdünnten Säuren geschieht. 2. Zuckerhaltige Materialien, 
wie Zuckerrüben, Zuckerrohr, Melasse, zuckerhaltige Früchte, Wurzeln usw., die entweder direkt 
oder nach Inversion vergoren werden können. 3. Alkoholhaltige Rohstoffe, wie. Wein, Bier 
und Abfälle bei deren Herstellung. 4. GCellulosehaltige Materialien, wie Holz, Torf, cellulose- 
haltige Abfälle, Sulfitlauge, die ebenfalls vor der Vergärung der Verzuckerung unterworfen werden 
müssen. 
B. Technische Gärung. 
1. Alkoholgewinnung aus stärkehaltigen Rohstoffen. Kartoffelbrennereli. 
Der Stärkegehalt der Kartoffeln schwankt je nach der Sorte und dem Jahrgang zwischen 9 und 30%
	        
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