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Blick weit über die ganze Bucht von Plymouth, und in den schattigen
Gehegen, die wir durchschreiten, wimmelt es von Hasen und Rehen.
Auf den gegenüberliegenden Hügeln der Stadt erhebt sich jetzt ein
Leuchtturm — ein alter und berühmter Turm. Er stand früher
auf dem Felsen von Eddystone. Als man ihn durch einen Neubau
ersetzen mußte, wurde er zum Gedächtnis treu geleisteter Dienste hier
her versetzt.
Nach der Kohlenübernahme folgt die Ergänzung des Proviants.
Es kommen Kisten und Kasten in ungezählter Menge an Bord.
Diesmal wird die Seereise etwas länger wie bisher, denn Funchal
auf Madeira ist das nächste Reiseziel. Unterricht und Exerzitien
der Seekadetten gehen unbeirrt ihren Gang weiter; wir finden sie
im Unterrichtsraum, wir sehen sie in den Booten und beim Fecht—
und Turnunterricht, wir begegnen ihnen an Land sogar „studierend“.
Da giebt es viele Konditoreien, und alle Arten von Kuchen wollen
doch eingehend „studiert“ sein. Es ist kaum glaublich, welche Aus—
dauer und Energie der Kadett entwickeln kann bei diesem Studium!
Es ist dabei aber auch nur zu natürlich; denn der Zucker ist ein
Nahrungsmittel, welches bei großem Kräfteverbrauch dem Körper sehr
wohl thut; mancher von den Seekadetten ist ja auch noch in dem
Alter, wo er sich überlegt, ob er am Ende noch „um ein paar
Meter“ wachsen könnte.
Der letzte Abend in Plymouth kommt schnell genug heran.
Auch abends ist das Leben und Treiben in der Stadt von Interesse.
Es geht in den Hauptstraßen recht lebhaft zu, und ein starker
Verkehr fluthet hir an dem Fremden vorüber. Wir haben zudem
eine Art von Jahrmarkt heute und in diesen Tagen. Da lockt gar
manche Schaubude zum Eintritt, da sieht man auch im Wachs—
figurenkabinett die Berühmtheiten unserer Zeit. Manchmal ist freilich
die Porträtähnlichkeit ein wenig seltsam in der Auffassung, sodaß
wir einen der besuchenden Seekadetten plötzlich ausrufen hören in
Reuters Sprache: „Gott Du, bewohre Bismarck, wie hast Du Dir
oerändert!“ Spät bringt das letzte Boot die letzten Landgänger
an Bord. Es ist noch weit ab vom Schiff, und die Unterhaltung
über das Erlebte noch in vollem, halblaut geführtem Gang. Seien