Full text: Der Marineoffizier

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dem gescheiterten Schiff der Großmast bricht und an Land treibt. 
Heute würde man finden, daß der Großmast doch ein recht un— 
bequemer Spazierstock ist. Jeder Mann an Bord, ganz besonders 
Vorgesetzte, haben aber die Verpflichtung dem Dienst gegenüber, mit 
einem bequemeren Spazierstock das Land aufzusuchen. In See 
lebt alles an Bord — viele Menschen auf engem Raum und in 
engster Berührung. Da ist starker Zwang in allem nötig, um die 
Disziplin aufrecht zu erhalten. Wer dann dauernd in diesem 
Zwang lebt, wer nicht so oft als möglich an Land geht, andere 
Gesichter sieht, andere Menschen sprechen hört, oder sich an der 
Natur, an der Landschaft erfrischt, verfällt bald in Einseitigkeit, 
er wird mürrisch oder unzufrieden. Vor hundert Jahren bewirkte 
der verweigerte, der Monate lang abgeschnittene Landgang sogar 
Meutereien. Heute überträgt sich das mürrische Wesen des Vor— 
gesetzten auch auf Untergebene. Der Dienst leidet unter der Bord— 
hockerei im Angesicht des Landes. Der Dienst wird gefördert, wenn 
Vorgesetzte und Untergebene sich am Lande auffrischen. Die Kosten 
des Landgangs brauchen dabei nicht hoch zu sein. Wenn Urlaubs— 
zeiten so gelegt werden, daß der Beurlaubte abends zum Abendbrot 
wieder an Bord sein kann, so belaufen sie sich auf nicht viel mehr, 
wie auf Abnutzungskosten des Spazierstocks. 
Der Seekadett, der Offizier findet zudem in sast allen Häfen 
entweder Deutsche, oder doch europäische Gesellschaft vor. Diese 
Gesellschaft aufzusuchen hat sehr hohen Wert, weil auch Gelegenheit 
zum Verkehr mit Damen sich bietet — der Vordhocker läuft stets 
Gefahr, zu verbauern. Dabei sind die Angehörigen unserer Flotte 
durchaus nicht nur der empfangende Teil. Das deutsche Schiff ist 
auch ein Stück deutschen Bodens, deutscher Heimat. Es führt den 
Landsmann dem Landsmann auf ferner Erde zu, und diesen erfrischt 
ebenfalls alles, was die Heimat entsendet und die Erinnerung an 
anser liebes Vaterland wachruft. 
Der deutsche Konsul in Madeira wohnt meistens in einer 
hübschen Villa oberhalb der Stadt. Offiziere und Seekadetten 
haben ihre Besuche bei ihm gemacht und sind freundlich und gastfrei 
bei ihm empfangen worden. Mit seiner Hülfe wird eine Partie ins
	        
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