Full text: Der Marineoffizier

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davon netzt das Gesicht. Zuerst nach dem Verlassen von Havanna 
war es noch schön warm gewesen. Mit gutem Wind und mit Hülfe 
des Golfstromes war man rasch vorwärts gekommen, die Straße 
von Florida war passiert, dann war auf Kap Hatteras Kurs auf— 
genommen worden. Vor dem Bug tauchte im Wasser plötzlich etwas 
auf, was wie Brandung aussah. Das Wasser war in unruhiger, 
quirlender Bewegung, Schaum wirbelte auf und trieb umher. 
Meilenweit konnte man diese Bewegung verfolgen, die einen völlig 
scharf abgezeichneten Streifen bildete: Die Grenze zwischen dem 
Golfstrom und der kalten arktischen Strömung, welche längs der 
amerikanischen Küste herunterkommt, war erreicht. Der Einfluß dieser 
Grenzüberschreitung ward sofort bemerklich. 
Der blaue Himmel verschwand. Graue Wolken bedeckten den 
Himmel, eine heftige Regenbö setzte gegen Abend ein. Es mußte 
gereeft werden und den Seekadetten auf ihrer Kreuzmarsraa klapperten 
die Zähne dabei; denn es war ganz plötzlich und ohne Übergang 
empfindlich kalt geworden. Erst die schwere Arbeit auf der Raa 
brachte Erwärmung, aber um die Beine herum zwischen Raa 
und Pferd (Tau zum Aufstützen der Füße) pfiff der Wind unan— 
genehm kalt. 
Als die Mannschaften von den Raaen niedergeentert waren, 
begann es zu tropfen und zu rieseln, dann stürzten gewaltige 
Regengüsse herab, die See wuchs, und das Schiff begann unruhiger 
zu liegen. Zuletzt fing es an, ganz gehörig zu schlingern und zu 
stampfen: Die Tropensonne war verschwunden, und der Norden 
sandte seinen ersten, eisigen Gruß. 
Kinder des sonnigen Südens empfinden ihn dauernd und mit 
Schaudern. Es wird ihnen zu Mut, als ob das Leben erloschen 
sei, und selbst wenn die Sonne wieder scheint, so hat sie an Glanz 
berloren und ist matter, fahler, krankhaft geworden. 
Nordische Wickinger-Naturen begrüßen kalt-nordischen Wind mit 
Jauchzen und fühben sich erfrischt von heimatlichem Gruß: Mögen 
die Sterne weniger hell strahlen, mag die Sonne kühler und ernster 
leuchten! Ist sie doch nun ihre Sonne, das funkelnde Auge Allbvater 
Wotans, das auf sie herabschaut — zu dem sie emporblicken.
	        
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