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auszumachen. Selbst dem Vordecksoffiziere wurde es mit dem
schwachen weißen Licht noch schwer genug. „Vortopp backbrassen!“
ruft er nach hinten, sofort werden die Backbordvorbrassen besetzt, die
Raaen des Fockmastes fliegen herum und legen sich „back“, d. h.
der Wind drückt auf die Vorderfläche der Segel und wirkt auf
Rückwärtsgang, resp. Stillstand des Schiffes.
Eine Minute vergeht. Peinlich im höchsten Grade für den
wachthabenden, älteren Offizier hinten. Er kann in der Dunkelheit,
der mondlosen düsigen Nacht, garnichts mehr erkennen, kann auch
die Brücke nicht verlassen, um nach vorne zu gehen; denn jeden
Augenblick kann er genötigt sein, neue Manöver zu machen. Der
graue Schatten ist jetzt gänzlich von dem eigenen Schiff verdeckt.
Vorne auf dem Vordeck atmet unterdessen der junge Offizier
erleichtet auf: Ganz langsam und dicht vor dem Bug ist der
andere vorbeigeschlichen, ein niedriger Bord, und erst in nächster Nähe
zeigt sich vorne am Bug desselben ein matt brennendes grünes Licht,
es sieht aus wie im Erlöschen — entweder ist es eben erst schnell
angezündet, oder der „verfluchte Kerl da drüben“ spart l.
Endlich ist er vorübergekrochen. Es wird vollgebraßt, und
die Untersegel werden wieder gesetzt, und eine Stunde später erschallt
der beliebte Ruf:
„Acht Glas, Ruder und Posten ablösen!“
Der Leutnant
als Wachthabender auf einem kleinen Kreuzer.
Das Schiff ist nach Ostasien bestimmt. Kap Skagen ist passiert,
und es wird in die Nordsee eingesteuert, Kurs auf den Eingang in
den englischen Kanal. Es ist schon ziemlich spät im Herbst, denn
die Ausreise hat sich aus verschiedenen Gründen verspätet, doch ist
man froh, endlich aus dem Ausrüstungshafen heraus zu sein.
Die Nordsee empfängt das Schiff „wie gewöhnlich“ um diese
Jahreszeit. Sie weiß, daß um diese Zeit fast alle deutschen Kriegs—
schiffe, fürs Ausland bestimmt, hinausgehen. Da hält sie es für
ihre Pflicht, ja keinen „Grünen“ herausgelangen zu lassen. Der
deutsche Seemann wird von ihr gehörig gerüttelt und gezaust, und