Full text: Der Marineoffizier

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Wiese grünt und der Strom zieht. Wächter des Thales bleib ich 
hier, so lange der Turmfalke mich umkreist, wache über die Stadt, 
wache über die Lebendigen, wach auch über die stillen Schläfer, die 
man an den Ort friedlichen Schlummers brachte — leb wohl, auf 
Wiedersehen! 
Station Kiel! Aussteigen! Kühl weht es von See aus herüber 
und klare, frische Luft, Salzwasserluft, schlägt dem Ankömmling 
entgegen. Der Blick schweift hinüber über die weit sich dehnende 
Fläche des Hafens. Der scharfe Nordost fegt über ihn hin und 
dunkelblau setzt sich der Horizont ab von der hellen Luft des reinen 
Himmels. Dort ragen auch Masten auf aus breiten, schwer und 
wuchtig auf dem Wasser ruhenden Schiffsrumpfen — das erste 
Stück deutscher Seekriegsmacht, was sich hier zeigt. Schön sehen sie 
nicht aus, die modernen, gepanzerten Kolosse, aber es prägt sich in 
ihnen, tiefen Eindruck hervorrufend, das Trotzig-Starke des See— 
beherrschenden aus. Lieblich aber ist der Rahmen, der die schwimmende 
Rüstung umgiebt. Die Vegetation ist zwar noch zurück. Aber man 
kann bereits ahnen, in welcher Schönheit die Ufer der Kieler Föhrde 
prangen werden, wenn die Zeit kommt, wo die Knospen springen. 
Soweit sind wir noch nicht. Wir stehen im Anfang des Monats 
April, die Zeit des Eintritts in die Marine als Seekadett. Nicht 
schwellende Knospen sind es, welche hier den Vorfrühling anzeigen, 
hier sind es vielmehr erwartungsvolle Jünglinge und examenkranke 
Väter! 
Da unten am Wasser, auf dem Wege nach Düsternbrook, erhebt 
sich der stattliche Bau der Marineschule, schön und prächtig anzusehen 
bom Wasser aus, gar unheimlich zunächst für den, der als Examinand 
vom Lande aus seinen Einzug hier hält. Nun, ein Eintrittserxamen 
ist nicht die erste und letzte Prüfung, die das Leben mit sich bringt. 
Es giebt noch schlimmere. Also immer dreist und gottesfürchtig 
hereinspaziert durch die Pforte, nur Mut, dann braucht die Sache 
noch lange nicht schief zu gehen! 
Die Mauern der Marineschule haben ihn also aufgenommen. 
Wir wollen es uns schenken, ihm durch das Eintritts-Examen zu
	        
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