Full text: Der Marineoffizier

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heriges Gehen und Stehen nur Bummelei gewesen ist, daß der 
Rekrut überhaupt erst erfährt, wozu die Glieder vorhanden sind, wie 
sie gebraucht werden. Instruktion über den militärischen Dienst, 
über Vorgesetzte und Honneurmachen läuft neben dem Exerzieren 
mit. Endlich erfolgt dann auch die Empfangnahme von Gewehr 
und Seitengewehr. Es werden die Gewehrgriffe eingeübt und Ziel— 
übungen vorgenommen. 
In der ersten Zeit wird der Seekadett wie jeder andere Rekrut 
nicht beurlaubt. Erst wenn er es versteht, sich einigermaßen zu be— 
nehmen, erst wenn er militärischen Gruß gelernt hat, erhält er die 
Erlaubnis, die Pforte der Marineschule zu verlassen. Jedem See— 
kadetten kann nur empfohlen werden, dann nicht der Straßen 
drückende Enge der Stadt Kiel aufzusuchen, es sei denn, daß er 
Familien-Bekanntschaften habe. Diese zu pflegen, ist unter allen 
Umständen angebracht. Die Umgebung von Kiel bietet außer— 
ordentlich viel. Ausflüge nach allen Richtungen hin lassen sich 
unternehmen, und überall findet man neuen Reiz der Landschaft, 
auch verbunden mit den nötigen Erfrischungsgelegenheiten. Da 
draußen schmeckt ein gutes Glas Bier aber besser, wie in dumpfer 
Wirtsstube, nachdem man kaum der dumpfen Schulstube entronnen. 
Also auf nach Labö, nach Möltenort und Heickendorf und wie sie 
alle heißen jene schönen Punkte! 
Auch ein schöner Punkt ist es, wenn die militärische Ausbildung 
so weit gediehen ist, daß deren Abschluß durch eine Inspektion 
erfolgen kann. Nach derselben kommt dann die erste Einschiffung an 
Bord des Seekadetten-Schulschiffes, gewöhnlich eines älteren Kreuzers, 
wie die Schiffe Stosch und Stein. 
Ehe wir uns an Bord begeben, tritt noch ein ernster, inhalt— 
reicher Augenblick an uns heran: Wir stehen in der Kirche und 
schwören angesichts der Kriegsflagge „„u Gott dem Allmächtigen 
und Allwissenden“ — daß wir unserm Kaiser „getreu und redlich 
dienen wollen“. Wir geloben Treue! Treue — ein kurzes Wörtlein 
nur und enthält doch eine ganze Welt, eine deutsche Welt. In dem 
goldenen Kronreif deutscher Tugenden, den unsere gemeinschaftliche 
Mutter Germania auf dem Haupte trägt, strahlt seit Jahrtausenden
	        
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